Das Oberlandesgericht Köln hat, nachdem es erst in einem ersten Beschluss Hinweise gegeben hat, die Berufung eines Arztes in einem zweiten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, der sich gegen seine Verurteilung durch das Landgericht gewehrt hat.
Blinddarmentzündung gemäß dem medizinischen Facharztstandards behandelt?
In der Sache ging es darum, ob bei dem Verdacht einer Blinddarmentzündung die Patientin gemäß den medizinischen Facharztstandards behandelt worden war. Die Untersuchung fand vor dem Wochenende statt. Der Arzt hatte der Patientin mit Bauchschmerzen, Bauchkrämpfen, Erbrechen und Durchfall geraten, „sich bei Persistenz (Beständigkeit) oder Verschlechterung der Beschwerden sofort in einem Krankenhaus vorzustellen.“
Der Rat des Arztes reichte nicht!
Dieser Rat genügte dem vom Landgericht zurate gezogenen medizinischen Sachverständigen nicht. Er war der Meinung, dass ein Ultraschall hätte durchgeführt werden und die Laborwerte hätten bestimmt werden müssen. Mangels eigener Expertise war es dem Arzt nicht möglich, ein Ultraschall durchzuführen. Laborwerte standen vor dem Wochenende nicht mehr zur Verfügung. Deshalb wäre der einzige richtige Rat gewesen, die konkrete und unbedingte Empfehlung, sofort ein Krankenhaus zwecks weiterer Diagnostik aufzusuchen, das heißt, der Rat hätte nicht von der Persistenz oder Verschlechterung der Beschwerden abhängig gemacht werden dürfen.
Die Patientin hat dadurch, dass sie nicht sofort ein Krankenhaus aufgesucht hat, Schäden erlitten, in dem sie aufgrund des Blinddarmdurchbruchs eine aufwändigere Operation über sich ergehen lassen musste; außerdem eine Revisionsoperation. Sie leidet an anhaltenden Darmbeschwerden.
Das Gericht hat das ärztliche Fehlverhalten in der mit dem fehlerhaften Ratschlag verbundenen unterlassenen Befunderhebung gesehen. Es war der Meinung, dass bei Durchführung der Untersuchungen, sich ein reaktionspflichtiges Ergebnis gezeigt hätte, auf das nicht zu reagieren, grob fehlerhaft gewesen sei. Aus diesem Grunde kommt es zu einer Umkehr der Beweislast, sodass der Arzt mit seinen Argumenten schon deshalb in der Berufungsinstanz nicht mehr durchdringen konnte.
„Wegen des enormen Vorteils der Beweiserleichterungen aufgrund grober Fehler, muss immer auch ein Befunderhebungsfehler in Betracht gezogen werden, immer muss geprüft werden, ob tatsächlich alle notwendigen Befunde erhoben worden sind, nämlich: Labordiagnostik, MRT, CT, Ultraschall, Röntgen, EKG, EEG oder CTG“, sagt Patientenanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach.
Die vollständigen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Köln vom 17.11.2017 und 27.12.2017 können Sie hier als PDF-Dateien (jeweils 12 KB) herunterladen:
OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 15.11.2017 – 5 U 86/17
OLG Köln, Zurückweisungsbeschluss vom 27.12.2017 – 5 U 86/17