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Erhöhung des Schmerzensgeldes, wenn sich der Geschädigte seiner mangelnden Kompetenz bewusst wird

Haftung der Rettungsleitdienststelle

Grundsätzlich ist der Hauptpunkt bei der Schmerzensgeldbemessung das Maß der Beeinträchtigungen, die ein Opfer eines Behandlungsfehlers oder Verkehrsunfalls erleiden muss.

Bei Schäden des Gehirns, die bei Verkehrsunfällen oder auch oftmals bei der Geburt (Geburtsschäden) auftreten, werden sehr hohe Schmerzensgelder zugesprochen. Der Bundesgerichtshof hat Fälle, in denen das Opfer durch den weitgehenden Verlust der Persönlichkeit betroffen ist, als eigenständige Gruppe innerhalb der Schmerzensgeldbemessung eingeordnet. Die Zerstörung der Persönlichkeit durch hirnorganische Schäden verlangt, da der Kernbereich der menschlichen Existenz betroffen ist, nach höchstem immateriellem Ersatz (Schmerzensgeld).

Die hier besprochenen Urteile des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.03.2015 (26 U 108/16) und Oberlandesgerichts Bamberg vom 19.09.2016 (4 U 38/15) heben einen besonderen Aspekt der Lebensbeeinträchtigungen hervor, der sich schmerzensgelderhöhend auswirkt. Die Gerichte haben den schon vor längerer Zeit vom OLG Nürnberg (Urteil vom 15.02.2008, Az.: 5 U 103/06) aufgebrachten Gedanken (Rdnr. 65) aufgegriffen, dass der Umstand, dass sich das geschädigte Kind seiner Behinderung bewusst wird, schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen ist, da dieser Umstand den Geschädigten psychisch beeinträchtigt.

Das OLG Bamberg führte diesbezüglich aus, dass es bemessungserheblich sei, dass sich die dortige Geschädigte in zunehmendem Maße schmerzlich bewusst wird, dass und mit welcher Ausschließlichkeit sie durch ihre schweren Behinderungen von den Entfaltungsmöglichkeiten „normal” entwickelter Kinder abgeschnitten ist. Es ist, so das Gericht, seit jeher anerkannt, dass eine wesentliche Ausprägung des immateriellen Schadens darin bestehen kann, dass der Geschädigte sich seiner Beeinträchtigung bewusst ist und deshalb in besonderem Maße unter ihr leidet. Demnach hat unter diesem Blickwinkel in die vorliegende Bemessung zugleich einzufließen, dass mit fortschreitendem Alter der Klägerin ihre schwerwiegenden Behinderungen im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern zunehmend deutlich hervortreten.

Das OLG Hamm hat ausgeführt: Der Senat hat jedoch insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin sich schon jetzt und auch in Zukunft ihres Zustandes bewusst ist. Der Sachverständige hat bestätigt, dass ihr die fehlende motorische Kompetenz gegenüber den Kindern mit normaler intellektueller Entwicklung in jeder Hinsicht und in vollem Umfang erkennbar ist und im täglichen Umgang mit den Altersgenossen deprimierend und frustrierend wirkt.

Zugleich erscheint plausibel, dass dadurch auch der für die Entwicklung notwendige soziale Kontakt mit anderen Kindern beeinträchtigt ist.

„Die von den Gerichten vertretene Rechtsauffassung ist plausibel. Es ist nachvollziehbar, dass Geschädigte und besonders Kinder sehr darunter leiden, wenn sie vorgeführt bekommen, was ein durchschnittlicher Mensch oder ein Gleichaltriger normalerweise alles kann, diese zusätzliche Lebensbeeinträchtigung muss ausgeglichen werden“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.03.2015 (26 U 108/16) können Sie hier als PDF herunterladen:

OLG Hamm, Urteil vom 17.03.2015 (26 U 108/16)

Das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 19.09.2016 (4 U 38/15) können Sie hier als PDF herunterladen:

OLG Bamberg, Urteil vom 19.09.2016 (4 U 38/15)

Das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15.02.2008 können Sie hier als PDF herunterladen:

OLG Nürnberg, Urteil vom 15.02.2008 (5 U 103/06)

Das grundlegende Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.10.1992 – VI ZR 201/91 ist hier besprochen und steht auch zum Download bereit:

BGH, Urteil vom 13.10.1992 – VI ZR 201/91

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