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Leitlinien und Richtlinien diktieren nicht die Facharztstandards

Leitlinien und Richtlinien diktieren nicht die Facharztstandards

Die Wahl der Therapie ist prinzipiell Sache des Arztes

Die Wahl der Therapie ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs prinzipiell Sache des Arztes. Der Behandler (Arzt oder Krankenhaus) schuldet dem Patienten aber eine Behandlung gemäß den zum Zeitpunkt der Behandlung geltenden, allgemein anerkannten und bewährten fachmedizinischen Standards (§ 630a Abs. 2 BGB).

Die Probleme bei der Definition des „fachmedizinischen Standards“

Das klingt auf den ersten Blick einfach, stößt in der Praxis aber auf Probleme. Die Standards wandeln sich andauernd. Sie verbessern sich, verschlechtern sich aber auch zuweilen. Es gibt auch Fälle, in denen Standards nicht anwendbar sind, beispielsweise bei Besonderheiten in der Anatomie oder Unverträglichkeiten. Grundsätzlich ist eine zu schematische Betrachtungsweise also problematisch.

Dementsprechend ist der Einfluss von Leitlinien oder Richtlinien auf den fachmedizinischen Standard umstritten. Denjenigen, die die Facharztstandards streng von Leitlinien vorgegeben sehen möchten, hat der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 15.04.2014, Az: VI ZR 382/12) einen Dämpfer versetzt. Handlungsanweisungen in Leitlinien ärztlicher Fachgremien oder Verbände dürfen nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden. Dies gilt in besonderem Maße für Leitlinien, die erst nach der zu beurteilenden medizinischen Behandlung veröffentlicht worden sind. Zwar können sie im Einzelfall den medizinischen Standard für den Zeitpunkt ihres Erlasses zutreffend beschreiben; sie können aber auch Standards ärztlicher Behandlung fortentwickeln oder ihrerseits veralten.

Das ist zwar im Ergebnis juristisch zutreffend, führte aber im zu entscheidenden Geburtsschadensfall dazu, dass die Klage des Opfers „im Grenzbereich zwischen Verwirklichung behandlungsspezifischer Risiken und einem Behandlungsfehler“ keinen Erfolg haben konnte, da eine Verletzung von Standards nicht festgestellt werden konnte und auch die damals zutreffenden Leitlinien nicht vorgaben, dass eine Risikoschwangere in ein Perinatalzentrum verlegt werden musste.

Die wichtigste Voraussetzung um den Tod oder die lebenslange Behinderung Frühgeborener zu vermeiden, stellt die Geburt in einem Perinatalzentrum dar (Perinatalzentrum/ griechisch perí = nahe bei und lateinisch natalis = die Geburt betreffend).

„Der Sachverhalt dieser Entscheidung zeigt, dass Risikoschwangere zum Wohle des Kindes unbedingt darauf bestehen müssen, in ein Perinatalzentrum verlegt zu werden“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach.

Den Volltext der Entscheidung kann man hier als PDF (92 KB) abrufen:

BGH Urteil vom 15.04.2014, Az: VI ZR 382/12

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