Organ
Die Wirbelsäule ist das zentrale tragende Konstruktionselement der Wirbeltiere. Auch der Mensch ist ein Wirbeltier, wenngleich natürlich ein außerordentlich hoch entwickeltes. (Der überragende Grad der Evolution und Spezialisierung führt zu zahlreichen Problemen biologisch-medizinischer, technischer, philosophischer, sozialer und juristischer Natur). Die Wirbelsäule bildet die knöcherne Mitte des Körpers. Beim Menschen besteht die Wirbelsäule aus 24 Wirbeln, die über 23 Bandscheiben beweglich verbunden sind, sowie 8 bis 10 Wirbeln, die zu Kreuz- und Steißbein verwachsen sind. Da sie fast das gesamte Körpergewicht tragen und auf die Beine verteilen muss, ist die Wirbelsäule unten dicker als oben. Ihre mehrfache Biegung (Doppel-S-Form) dämpft Stöße.
Die Wirbelsäule verbindet die Teile des Skelettes miteinander und umhüllt das im Wirbelkanal liegende Rückenmark, das als der zentrale Nervenstrang das Gehirn mit den peripheren Nerven verbindet. Das Rückenmark ist außerordentlich komplex aufgebaut, wie sein Querschnitt zeigt. Verletzungen des Rückenmarks durch Unfälle, Krankheit oder Behandlungsfehler ziehen schwerwiegendste Beeinträchtigungen nach sich.
Behandlungsfehler
Viele Rückenoperationen dienen nur dem Profit, nicht dem Patienten. Beim Versteifen von einzelnen Wirbeln können Schrauben fehlerhaft gesetzt werden oder die Nerven verletzen. Im ungünstigsten Fall können Schrauben in den Spinalkanal hineinragen und das Rückenmark verletzen. Das kann dann zu Gefühls- und Bewegungsstörungen der Beine, Funktionsstörungen von Blase und Darm, sowie zu sexuellen Störungen führen, im misslichsten Fall tritt eine Querschnittlähmung ein, die eine der schwerwiegendsten Lebensbeeinträchtigungen überhaupt darstellt. Gerade weil das so ist, muss über dieses Risiko aufgeklärt werden. Dabei muss der aufklärende Arzt auch berücksichtigen, dass die Erfolgsquoten bei Rückenoperationen mäßig sind. Grundsätzlich ist zwar über die Erfolgsaussichten bzw. das Misserfolgsrisiko nicht unter Angabe konkreter Prozentzahlen aufzuklären. Wenn allerdings derartige Prozentangaben gemacht werden, müssen sie zutreffend sein, um dem Patienten eine realistische Einschätzung zu ermöglichen. Wird dem Patienten eine falsche Vorstellung bezüglich der Erfolgswahrscheinlichkeit eines operativen Eingriffes vermittelt, so wird sein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Durchführung des Eingriffes verkürzt und es liegt ein Aufklärungsmangel vor, der einen Schadensersatzanspruch auslöst.
- 742.000,- Euro und eine monatliche Rente von 500,- Euro für eine komplette hohe Querschnittlähmung mit zusätzlicher Atemlähmung nach einem Verkehrsunfall. Der Junge (zum Unfallzeitpunkt 3 ½ Jahre) leidet unter erheblichen Schmerzen und ist dauerhaft auf Schmerztherapie angewiesen. Er wird zu Hause gepflegt. Zur Betreuung sind neben den Eltern sieben Krankenschwestern und Pfleger im Schichtdienst Rund-um-die-Uhr im Einsatz. Neben der maschinellen Beatmung ist künstliche Ernährung notwendig. Die Lebenserwartung liegt trotzdem zwischen 50 und 70 Jahren. Die sinnliche Wahrnehmung ist intakt, eine geistige Beeinträchtigung liegt nicht vor. Eine geregelte schulische Ausbildung wird wegen der Schwerstpflegebedürftigkeit und Sprechbehinderung kaum zu erreichen sein. Schmerzensgeld erhöhend hat das Gericht berücksichtigt, dass das Kind sich seiner Situation bewusst ist und fortwährend seelische Qualen erleidet. Wenn der Junge andere Kinder sieht, die sich bewegen können, weint er. Das Gericht hielt es für angemessen, das beantragte Schmerzensgeld zu erhöhen und zusätzlich eine monatliche Rente in Höhe von 500,- Euro zuzusprechen. Der lebenslängliche Dauerschaden wird von dem Geschädigten immer wieder neu und immer wieder schmerzlich empfunden werden. Eine Rente, so das Gericht, gibt dem Geschädigten die Möglichkeit, sein beeinträchtigtes Lebensgefühl stets von Neuem durch zusätzliche Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu heben. Um diesem Zweck genügen zu können, muss auch die einzelne Rentenzahlung als angemessener Ausgleich für Schmerzen und verminderte Lebensfreude empfunden werden und nicht lediglich als geringfügige Einnahme, die für den laufenden Lebensunterhalt verbraucht wird. Das Gericht sah es der Gesamtheit der Versicherten als zumutbar an, Schmerzensgeld und Rente zu tragen (das ist meines Erachtens kein geeignetes Kriterium der Schmerzensgeldzumessung) und wies darauf hin, dass sich in der Anhebung der höchsten Schmerzensgelder auch die im Allgemeinen steigende Lebensqualität widerspiegele.
- 375.000,- Euro
- für eine hohe
- mit schwerwiegendster Lebensbeeinträchtigung: Die beklagten Ärzte hatten es nach einem Unfall behandlungsfehlerhaft (Befunderhebungsfehler) unterlassen per Computer
- abzuklären, ob der Patient eine
- der Halswirbelsäule erlitten hatte. Eine solche Untersuchung hätte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ergeben, dass dort eine
- vorgelegen habe, woraufhin es umgehend zu Stabilisierungsmaßnahmen hätte kommen müssen. Der Patient erlitt mit 22 Jahren eine hohe
- , mit Mastdarm- und Blasenlähmung; Schluckdefiziten, Armlähmungen, Beinlähmungen, psychischen Beeinträchtigungen, Zerstörung des Berufswunsches etc.
- 370.000,- Euro
- aufgrund ärztlicher Kunstfehler (Behandlung entgegen der Facharztstandards) bei einer Wirbelsäulenoperation, wobei diese ohne eindeutige
- und ohne Aufklärung über Behandlungsalternativen erfolgte. Bei der Erstoperation sind keine Wake-up-Tests durchgeführt worden. Die Revisionsoperation erfolgte zu spät. Die schwerstpflegedürftige Patientin kann weder Arme, noch Beine bewegen. Sie kann sich ohne fremde Hilfe nicht bewegen und ist bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens auf umfassende fremde Hilfe angewiesen.
- 200.000,- Euro
- aufgrund unterlassener Aufklärung über die Möglichkeit einer
- bei einer Schmerztherapie mittels rötgengesteuerter Nervenblockade. Der 50 Jährige in leitender Position erlitt ein inkomplettes Querschnittsyndrom mit Lähmung der Beine und Verlust der Blasen- und Mastdarmfunktion. Der Kläger ist mit den Merkzeichen G, aG und B zu 100 % schwerbehindert (G = erhebliche Gehbehinderung, aG = außergewöhnliche Gehbehinderung, B = Notwendigkeit ständiger Begleitung) und aufgrund seiner Beeinträchtigungen in die Pflegestufe I eingestuft.