Bei groben Behandlungsfehlern muss das Schmerzensgeld erhöht werden

Unfallrecht - Im Verkehr und allgemein

Verkehrsunfall und Behandlungsfehler:

Der junge Mann ist bei einem Verkehrsunfall verletzt worden. Im Krankenhaus ist dann ein Schädel-Hirn-Trauma grob fehlerhaft nicht erkannt worden, weshalb der Patient schwerste gesundheitliche Schäden erlitten hat, wie Lähmungen, geistige Behinderung, Schlafstörungen, Gelenkschmerzen und weitere mehr. Er wird lebenslänglich Rund-um-die-Uhr gepflegt werden müssen.

Die Schmerzensgeldbemessung

Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz seines materiellen Schadens, nämlich des Verdienstausfalls (Erwerbsschaden), den Ersatz des Haushaltsführungsschadens, seiner vermehrten Bedürfnisse, auch Mehrbedarfsschaden genannt, der hier mit ganz erheblichen Pflegekosten zu Buche schlägt.

Darüber hinaus hat er selbstredend einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz (Schmerzensgeld). Das Schmerzensgeld erfüllt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine doppelte Funktion, nämlich die Ausgleichsfunktion und die Genugtuungsfunktion.

Schmerzensgeld als Ausgleich

Das Schmerzensgeld wird bemessen für das Ausmaß der Lebensbeeinträchtigungen im Einzelfall, die durch den immateriellen Ersatz auszugleichen sind, soweit dies überhaupt möglich ist. Diese Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes steht bei Arzthaftungsfällen regelmäßig im Vordergrund. In diesem Fall muss unter anderem die extremste Lebensbeeinträchtigung, nämlich die Zerstörung der Persönlichkeit aufgrund des Hirnschadens, ausgeglichen werden.

Schmerzensgeld als Genugtuung

Der Genugtuungsfunktion kommt bei Behandlungsfehlern normalerweise keine besondere Bedeutung zu. Bei groben Behandlungsfehlern jedoch muss nach (zutreffender) Auffassung des Gerichts das Maß des Verschuldens der Ärzte im Krankenhaus berücksichtigt werden. Diesen ist nach Ausführungen des medizinischen Sachverständigen im Gerichtsverfahren eine schlechterdings nicht nachvollziehbare Kette schwerwiegend falscher (grober) Behandlungsfehler vorzuwerfen, was durch ein besonders hohes Schmerzensgeld kompensiert (ausgeglichen) werden muss, so das Gericht.

Schmerzensgeld für lebenslanges Leid
 

Das Gericht hat bei der Bemessung des Schmerzensgeldes auch das Alter des Geschädigten herangezogen, da die Schmerzen und Leiden höher sind, je mehr Leidenszeit der Verletzte noch zu erdulden hat.

„Das Opfer von Verkehrsunfall und Behandlungsfehler war zum Zeitpunkt des Unfalls und des Ärztepfusch erst 21 Jahre alt“, sagt Patientenanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach, „nach der aktuellen Sterbetabelle hat er noch 58 Jahre zu leben. Für diese lange Leidenszeit ist der Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 560.000 € moderat.“

Das vollständige Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 31.1.2017 – 8 U 155 /16 können Sie hier als PDF (36 KB) herunterladen:

OLG Frankfurt, Urteil vom 31.1.2017 – 8 U 155 /16

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