In diesem Beschluss des Bundesgerichtshofs ging es um eine Nichtzulassungsbeschwerde. Eine solche Beschwerde ist der Angriff dagegen, dass das Oberlandesgericht die Revision nicht zugelassen hat, weil es den Rechtstreit für nicht bedeutend gehalten oder irrig geglaubt hat, alle streitgegenständlichen Fragen seien schon vom Bundesgerichtshof entschieden worden. Mit diesem Rechtsmittel kann man sich auch dann wehren, wenn das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt ist, weil beispielsweise Unterlagen, Gutachten oder Zeugenaussagen vom Gericht nicht berücksichtigt worden sind, obwohl sie dem Prozess eine andere Wendung hätten geben können.
So lag der Fall auch hier. Die Klägerin hat nach einer Schulteroperation die völlige Einsteifung des Schultergelenks davongetragen. Sie hat gegen das Klinikum Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Der Sachverständige hat jedoch keinen Behandlungsfehler feststellen können. Allerdings hatte die Klägerin auch Aufklärungsversäumnisse gerügt. Das Oberlandesgericht hatte es versäumt, den als Zeuge benannten Ehemann der Klägerin zur Frage der Aufklärung zu vernehmen. Der Bundesgerichtshof führt aus: „Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Primärschädigung bei fehlerhafter Aufklärung bei einer Operation bereits in dem mangels wirksamer Aufklärung per se (für sich allein) rechtswidrigen Eingriff.“ Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil wegen Gehörsverletzung aufgehoben und die Sache an die Berufungsinstanz (OLG) zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts (und vor allem der Zeugenvernehmung des Ehemanns) zurückverwiesen.
„Aufklärungsversäumnisse und Behandlungsfehler sind zwei unabhängige Anspruchsgrundlagen, die selbständig nebeneinander stehen. Kommen beide in Betracht, müssen Sie unbedingt auch beide geltend gemacht werden“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach, „Schon in der zweiten Instanz ist man nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof damit ausgeschlossen, neben der Behandlung entgegen den Facharztstandards auch die ungenügende Aufklärung anzugreifen.“
Den vollständigen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.09.2016 können Sie hier als PDF (100 KB) herunterladen: