Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Beschluss vom 26. Juli 2016 – VI ZR 611/15 der Nichtzulassungsbeschwerde einer Patientin statt gegeben und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen. Die Klägerin hatte sich im Klinikum der Beklagten einer Bandscheibenoperation unterzogen. Aufgrund ihrer schweren Beschwerden machte Sie gegen die Klinik Schadensersatzansprüche und Ansprüche auf Schmerzensgeld geltend. In den ersten beiden Instanzen hat sie die Meinung vertreten, dass diese Operation nicht indiziert gewesen sei, sie sei zudem fehlerhaft aufgeklärt worden. Außerdem sei die Operation auch fehlerhaft durchgeführt worden, entgegen den Facharztstandards (§ 630a Abs. 2 BGB), indem Schrauben fehlerhaft platziert worden seien. Dies hätte den behandelnden Ärzten auffallen und während der Operation korrigiert werden müssen. Landgericht und auch Oberlandesgericht haben unberücksichtigt gelassen, dass dem gerichtlichen Sachverständigen in diesem Verfahren ein Röntgenbild nicht vorgelegen hat, das während der Operation gefertigt worden war. Der Sachverständige hat ausdrücklich darauf hingewiesen dass die Röntgenaufnahme im Zweifel zur Einsichtnahme vorgelegt werden müsse. Daraufhin hatte die Patientin beantragt, dem Krankenhaus aufzugeben, das Röntgenbild vorzulegen und vorgetragen, dass gerade dieses Röntgenbild eindeutig die Schraubenfehllage während der Operation zeige. Diesen Vortrag hat das Oberlandesgericht übergangen. Das ist der Knackpunkt des Falls, den die Patienten mit ihrem Revisionsverfahren angreift. Hätte das Gericht nämlich den Vortrag der Patienten zur Kenntnis genommen, hätte es den Sachverhalt weiter aufgeklärt und erkannt, dass es für die Frage, ob die Schrauben fehlerhaft platziert worden seien, auf die Beurteilung des Röntgenbilds ankommen musste. Diese Gehörsverletzung war nach Ansicht des BGH auch entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht (OLG) hätte auch nicht aus anderen Gründen von einer weiteren Sachaufklärung im Hinblick auf die Röntgenaufnahme absehen dürfen.
„Es ist eigentlich erstaunlich, dass dieser Sachverhalt höchstrichterlich entschieden werden muss, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach, denn in Arzthaftungssachen sind die Gerichte gehalten, den Sachverhalt von Amts wegen möglichst vollständig zu ermitteln.“
Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gilt: Die Gerichte sind in Arzthaftpflichtsachen verpflichtet, den ihnen zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt auszuschöpfen und sämtlichen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen.
Den vollständigen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Juli 2016 VI ZR 611/15 können Sie hier als PDF-Datei (108 KB) herunterladen.