Hier werden wichtige Fragestellungen zu Personenschäden angesprochen.
- Wußten Sie, dass wohlbegründete Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche auch schnell verjähren können?
Zu solchen und anderen interessanten Fragen, aber auch zu den Kosten eines Anwalts zur Einforderung von Schmerzensgeld wird in diesen Tipps eingegangen!
Die Verjährung ist die stete und größte juristische Gefahr im Personenschadensrecht, besonders am Jahresende. Der Lauf der Verjährung ist manchmal sehr rasch, wie wir aus anwaltlicher Erfahrung wissen. Wohlbegründete Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche können schnell verjähren und dann nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Opfer von Behandlungsfehlern oder Verkehrsunfällen gehen dann leer aus. Dann kann auch kein Rechtsanwalt mehr helfen.
Die Sache ist nicht ganz einfach. Es gibt eine lange und eine kurze Verjährungsfrist. Die lange Frist beträgt 30 Jahre. Sie ist die Höchstfrist bei Gesundheitsschäden. Wenn ein Ereignis mehr als 30 Jahre zurückliegt, können keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden. Aber Achtung: Es gibt auch die kurze Verjährungsfrist. Sie ist nur drei Jahre lang. Wenn die kurze Frist in Gang gesetzt wird, dann verdrängt sie die lange Frist. Die kurze Verjährungsfrist beginnt bei Personenschäden in dem Jahr in dem sie von dem Schaden und dem Schädiger (etwa Autofahrer oder Arzt) Kenntnis erlangen. Bei Verkehrsunfällen tritt diese Kenntnis erfahrungsgemäß recht schnell ein; bei der Arzthaftung kann es Jahre dauern, bis der Patient im Groben weiß, dass er entgegen den fachärztlichen Standards behandelt worden ist. Um diese Kenntnis zu erlangen ist es oft notwendig, fachmedizinische Gutachten einzuholen. Die Rechtsprechung lässt es für das Anlaufen der kurzen Verjährung genügen, wenn der Patient im Großen und Ganzen um den Behandlungsfehler weiß. Eine Kenntnis aller einzelnen Umstände ist nicht notwendig.
Die kurze Verjährungsfrist läuft dann (innerhalb der langen Frist) am Tage der Kenntnis an und schlägt bis zum Jahresende. Es ist auch ganz und gar gleichgültig in welchem Monat die Kenntnis eintritt: Am ersten Januar, am dritten Juni oder am 28 Dezember, immer springt der „Zähler“ auf das Jahresende. Von da ab zählen dann die drei Jahre. Das Rechenbeispiel: Im Jahre 2018, im Februar, ereignet sich ein Verkehrsunfall, bei dem Schuld und Gegner feststehen. Oder (im gleichen Jahr) erhält ein Patient (beispielsweise von einem nachbehandelnden Arzt) Kenntnis von einer Fehlbehandlung aus dem Jahr 2012. Die Verjährung läuft an. Der Zähler schlägt auf Silvester 2018. Dann läuft die Verjährung drei Jahre, nämlich: 2019 (erstes Jahr), 2020 (zweites Jahr) und 2021 (drittes Jahr). Am 31.12.2021 um 24:00 Uhr tritt mit der ersten Sekunde des vierten Jahres die Verjährung ein, wenn keine Maßnahmen (etwa eine Klage) dagegen getroffen werden. Die Klage müsste man bis zur letzten Sekunde des alten Jahres zum Gericht faxen oder dort einwerfen in den sogenannten Nachtbriefkasten. Sinnvollerweise erledigt man als guter Anwalt solche wichtigen Dinge nicht am letzten Tag, auch damit man Silvester feiern kann.
Die Verjährungsfrist kann aber auch noch verlängert werden, durch Verhandlungen beispielsweise oder durch Anerkenntnisse, wie etwa Zahlungen. Reine Zahlungen hemmen die Verjährung für drei Jahre, Anerkenntnisse auch, ob sie nun als Zahlung oder in sonstiger Weise abgegeben werden. Nur dann, wenn „titelersetzend“ anerkannt wird, kann sich die Gegenseite 30 Jahre nicht mehr auf Verjährung berufen, ganz so als hätte ein Gericht ein Urteil (Titel) gesprochen (titelersetzend heißt also auch urteilsersetzend). Wenn man diese Rechtsfolge erreichen will, dann muss das Anerkenntnis auch genau in dieser Weise formuliert werden, etwa: „Die Ansprüche aus dem Verkehrsunfall/Behandlungsfehler vom (…) werden mit der Wirkung eines am heutigen Tage ergangenen rechtskräftigen Feststellungsurteils anerkannt.“
Die Verjährung ist auch gehemmt, wenn Patienten die Schlichtungsstelle der Norddeutschen Ärztekammern für Arzthaftpflichtfragen anrufen und zwar für die gesamte Dauer des Schlichtungsverfahrens. Nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens ist die Verjährung noch genau sechs Monate lang gehemmt. In dieser Zeit muss man verhandeln, die Gegenseite zu einer Abgabe eines Verjährungsverzichts zwingen oder im Zweifel eine Klage erheben. Hier kann viel schief gehen. Allein schon deshalb, weil dann der Anwalt dann für den ungewollten Eintritt der Verjährung haftet, lohnt es sich einen Rechtsanwalt einzuschalten
Schmerzensgeldansprüche und Ansprüche auf Schadensersatz können schnell verjähren. Allein aus diesem Grund lohnt es sich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Haftung für den Eintritt der Verjährung und anderer denkbarer Fehler liegt nicht mehr bei Ihnen, sondern beim Anwalt, nachdem Sie ihn beauftragt haben. Der Rechtsanwalt ist gegen solche Schäden versichert. Bei Personenschäden gibt es aber eine Besonderheit: Diese sind oft sehr hoch. Auf so hohe Summen sind nicht alle Rechtsanwälte versichert, sondern nur wenige Spezialkanzleien. Die übliche Versicherungssumme beträgt 250.000,- Euro. Meist reicht das. Bei Personenschäden ist es zu wenig. Trotzdem haben nur ganz wenige Kanzleien zugunsten ihrer Mandanten einen ausreichenden Versicherungsschutz vereinbart. Die folgenden Zahlen sollen das veranschaulichen: In Bremen gibt es 1900 Anwälte. Davon haben fünfzehn Kanzleien nachweislich eine sehr hohe Versicherungssumme, so wie unsere Kanzlei, weil sie als Rechtsanwälte in Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) oder als GmbH tätig sind. Das sind statistisch 0,8 Prozent. In Hamburg sind es 2,3%, in Berlin 1,8%, in München 2,2% und in Frankfurt und Köln 1,3 Prozent. Bundesweit sind es 1,6 Prozent. Der Gesetzgeber schreibt bei diesen Gesellschaftsformen eine Versicherungssumme von 2,5 Millionen vor. Über diese verfügen wir selbstredend auch. Das heißt: Wenn bei uns etwas schief laufen sollte, dann bekommt der Mandant im Zweifel 2.250.000,- Euro mehr als von einem Durchschnittsanwalt. Mögen unter den restlichen auch einige dabei sein, die auf 500.000,- Euro versichert haben. Das ist schon ganz gut, kann aber auch bei großen Schäden schon viel zu wenig sein; bei Großschäden ist es definitiv zu wenig. Dann sind Anwaltsfehler nicht genügend abgesichert. Noch drei weitere Gründe sprechen für die Beauftragung eines Rechtsanwalts: Ein spezialisierter Rechtsanwalt weiß, wie viel Schmerzensgeld angemessen ist und wir den Versicherer auf dieser Grundlage angehen. Ein spezialisierter Rechtsanwalt übersieht keine Ansprüche (Waffengleichheit!). Ein spezialisierter Rechtsanwalt kostet Sie kein Geld; er bringt Ihnen Geld ein …
Rechtsanwalt ist nicht gleich Rechtsanwalt, das ist schon klar. Aber es ist nicht nur so, dass Anwälte in verschiedenen Rechtsgebieten tätig sind; auch innerhalb eines Rechtsgebiets können sich Anwälte nochmals spezialisieren, so wie wir. Zunächst gibt es Rechtsanwälte, die Alles machen. Sie nehmen jedes Mandat an. Unter spezialisierten Anwälten heißen sie liebevoll „Feld-Wald-und-Wiesen-Anwalt“, auch bekannt als „Allrounder“ oder „Anwalt von nebenan“. Sie machen halt alles. Können sie auch alles? Nein, können sie natürlich nicht! Ein Anwalt kann nicht gleichzeitig Familienrecht, Strafrecht, Zivilrecht, Vertragsrecht, Mietrecht, IT-Recht, Sozialrecht, Agrarrecht, Bankrecht, Erbrecht, Kaufrecht, Markenrecht, Urheberrecht und Umweltrecht; schon gar nicht kann er alles gleich gut. Eigentlich müsste das jedem, auch einem Nichtjuristen, klar sein, dass es so viele Genies unter Juristen gar nicht geben kann. Trotzdem werden diese Anwälte überaus oft und auch in komplizierten Fällen beauftragt. Niemand käme auf die Idee, seinen Hausarzt mit einer Herztransplantation zu beauftragen. Der würde den Patienten ja auch gar nicht annehmen. Viele Anwälte handhaben das aber leichtsinnigerweise anders. Dem Anwalt als „Generalisten“ um die Ecke ist das gleiche Schicksal vorherbestimmt wie der Dorfkneipe und dem Tante-Emma-Laden. Sie werden unweigerlich aussterben. Ein Fachanwalt gewährleistet Qualität und Erfahrung. Immerhin hat er eine zusätzliche theoretische Ausbildung und den Nachweis der praktischen Erfahrung innerhalb des Gebiets der Fachanwaltschaft; außerdem muss er sich regelmäßig fortbilden. Die Anwaltskammer überprüft, ob die Fachanwälte ihrer Fortbildungspflicht nachkommen. Die Fachanwaltschaften wiederum sind in den Augen des Spezialisten weit gefasst. Das Medizinrecht, das Verkehrsrecht, das ist nicht wenig insgesamt. Auch hier kann man sich innerhalb dieses Gebietes weiter spezialisieren. Der innerhalb seines Gebiets spezialisierte Fachanwalt ist dann ein Spezialist, was mehr ist als ein Fachanwalt. Wir sind Spezialisten im Personenschadensrecht, also für die Geltendmachung von Schäden nach Ärztepfusch (Arzthaftungsrecht) und Verkehrsunfällen (Verkehrsunfallrecht). Von solchen Kanzleien gibt es natürlich auch andere im Bundesgebiet. Wir vertreten allerdings ausschließlich und schon immer die Opferseite/ Patientenseite. Unter dieser Prämisse gibt es bundesweit (bundesweite Vertretung bieten wir natürlich auch an) nicht mehr so viele Spezialkanzleien, es sind tatsächlich nur ganz wenige. Dazu kommt noch Folgendes: Große Fälle bearbeiten wir im Team. Das heißt: Das Vier-Augen-Prinzip wacht nochmals darüber, das keine Fehler entstehen, nichts übersehen wird und die bestmögliche Vertretung gewährleistet wird, die zur höchstmöglichen Entschädigung führt. Man kann sagen: Wir bieten Chefanwaltsbehandlung, die dann auch (meist) zu höheren Gebühren abgerechnet wird.
Sollten Sie sich als Geschädigter fragen, ob Sie sich die Hilfe eines spezialisierten Rechtsanwalts überhaupt leisten können, um gegen ein Krankenhaus einen Arzt und eine Kraftfahrzeugversicherer vorzugehen, dann kann man diese Frage uneingeschränkt mit ja beantworten.
Zunächst einmal fallen Kosten für eine Beratung an, wenn Sie lediglich eine Ersteinschätzung einholen möchten. Wenn eine solche Einschätzung überschaubar ist und wir nicht komplette Leitz-Ordner durcharbeiten müssen, bieten wir eine Ersteinschätzung auch kostenlos an. Ansonsten sind die Kosten für eine wirkliche Erstberatung für den Mandanten verhandelbar. Sie sind auch überschaubar. Sie sind nach oben begrenzt auf 190,- Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, also: 226,10 Euro. Sollte es zu einer Beauftragung kommen, werden diese Kosten angerechnet.
Dann fallen für die außergerichtliche Vertretung Kosten an. Je höher die Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, desto höher sind auch die anwaltlichen Gebühren. Außerdem sind Personenschäden in der anwaltlichen Bearbeitung deutlich aufwendiger und komplexer als normale Fälle. Das berücksichtigt die Gebührenordnung, indem Sie erlaubt, in solchen Fällen eine höhere Gebühr abzurechnen.
Kann man sich mit dem Versicherer außergerichtlich einigen, übernimmt dieser einen Teil der anwaltlichen Gebühren, nicht jedoch die vollen gesetzlichen Gebühren. Ist eine Rechtsschutzversicherung vorhanden, zahlt diese meistens den Restbetrag. Ist keine Rechtsschutzversicherung vorhanden, dann kann es sinnvoll sein, die Vertretung über eine Honorarvereinbarung abzusichern. Es besteht im Einzelfall die Möglichkeit, erfolgsorientierter Vereinbarungen, soweit dies zulässig ist. Möglich ist auch eine Erhöhung der gesetzlichen Gebühren, wobei der Betrag gestundet wird, bis Geld von der Gegenseite fließt. In den meisten Fällen lässt sich eine maßgeschneiderte Lösung finden.
Kommt keine außergerichtliche Einigung zustande, muss eine Klage vor Gericht erhoben werden, um die Ansprüche gegen die Verjährung zu sichern. Das birgt Kostenrisiken, sofern keine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist.
Die Risiken würden wir Ihnen aufzeigen und Ihnen die Kosten im Einzelnen vorrechnen. Die Höhe der Kosten richtet sich nach der Höhe der geltend gemachten Ansprüche (Streitwert).
Haben Sie erst im Laufe des Mandats realisiert, dass Personenschadensrecht eine Spezialmaterie ist, die nicht viele Rechtsanwälte ausreichend beherrschen, kann es sinnvoll sein, über einen Wechsel zu einem Fachanwalt nachzudenken, auch wenn ein Anwaltswechsel höhere Kosten verursacht. (Wird der Anwaltswechsel anlässlich des Berufungsverfahrens vorgenommen, dann entstehen keine zusätzlichen Kosten, weil es sich um einen neuen Verfahrensabschnitt handelt).
Eine spezialisierte Vertretung birgt entscheidende Vorteile. Ein spezialisierter Rechtsanwalt wird sich vom Versicherer keinesfalls an der Nase herumführen oder abspeisen lassen.
Ein Spezialist kann auch neben dem Schmerzensgeld (immaterieller Schadensersatz) den materiellen Schadensersatz (Haushaltsführungsschaden, Verdienstausfall und die Vermehrten Bedürfnisse) berechnen und geltend machen.
Ein Patientenanwalt kennt auch keine Interessenkonflikte, da er ausschließlich Patienten und Geschädigte vertritt. Rechtsanwälte, die beide Seiten vertreten schon. Es gibt in Deutschland nicht mehr viele Berufshaftpflichtversicherer für Ärzte. Wenn ein Anwalt also Versicherer vertritt ist die Chance, dass er den Versicherer auf der Gegenseite „kennt“ sehr groß. Wenn er viele Aufträge bekommt, wird er zwar nicht den Arzt, wohl aber dessen Versicherer mit Samthandschuhen anfassen. Da liegt das Hauptproblem der Allroundvertretung.
Insgesamt kann man sagen, dass es sich in jedem Fall lohnt, eine Honorarvereinbarung mit einem Spezialisten abzuschließen. Wir haben schon bei Mandatsübernahmen mehr als das Dreifache des Betrages herausgeholt, bei dem der nicht spezialisierte Anwalt geraten hat, ihn anzunehmen.
Der Erfolg hängt einerseits an der Spezialisierung, andererseits auch am Einzelfall und den Möglichkeiten, einen Behandlungsfehler oder Gesundheitsschaden beweisen zu können (siehe auch Tipp 7).
Die Erfolgsaussichten hat unsere Kanzlei immer im Blick. Wir führen keine von Vornherein zum Scheitern verurteilten Prozesse. Wenn wir keine Erfolgschancen sehen, nehmen wir den Fall nicht an (siehe auch Tipp 10). Das hat potentielle Mandanten leider schon sehr verärgert und uns auch ganz sicher schon geschadet (negative Kundenwerbung). Es gehört aber nachdrücklich zu unserem Konzept und unserem Anspruch an die Qualität anwaltlicher Vertretung.
Eine anwaltliche Vertretung bei Personenschäden ist ganz besonders erfolgversprechend, wenn ein medizinisches Gutachten vorliegt, auf dem man aufbauen kann. Zwar liefern Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) oder die Schlichtungsstelle Gutachten, wir jedoch haben die besten Erfahrungen mit Privatgutachten gemacht. Diese muss man zwar zunächst selbst bezahlen, dafür haben sie Vorteile: Sie liegen zeitnah vor, sie sind gründlich und sie nehmen auch ausführlich zu den Verletzungsfolgen Stellung. Das ist sehr wichtig. Für die Höhe des Schmerzensgeldes ist es von Bedeutung, ob Lebensbeeinträchtigungen dauerhaft vorliegen, ob sich der Gesundheitszustand verbessert oder ob er sich verschlechtert.
Auch für die Prognose eines zukünftigen Schadens wegen der verminderten Fähigkeit (oder Unfähigkeit) den Haushalt zu führen (Haushaltsführungsschaden) ist es sinnvoll, auf eine fundierte ärztliche Stellungnahme zurückgreifen zu können.
Nach unserer Meinung ist es besonders wertvoll, bei der Einschätzung der Auswirkungen des Gesundheitsschadens auf das Berufsleben (Verdienstausfallschaden) auf ein sattelfestes medizinische Gutachten rekurrieren zu können.
Ein Privatgutachten, sofern es den Behandlungsfehler bestätigt, zahlt sich mit barer Münze aus, nach unserer Erfahrung.
Im Falle, dass außergerichtlich keine Einigung herbeigeführt werden kann und das Gericht angerufen werden muss, kann man die Kosten des Gutachtens mit einklagen. Auch sie gehören zum ersatzfähigen Schaden.
Eindeutig nein. Sehr oft sind außergerichtliche Vergleiche möglich. Statistisch einigen wir uns öfter, als dass wir vor Gericht ziehen.
Um einen möglichst hohen Vergleichsbetrag zu erzielen, ist es unbedingt empfehlenswert, die Auseinandersetzung mit einem Privatgutachten vorzubereiten, wie unter Tipp 6. geschildert. Kann man auf ein solches positives Gutachten zurückgreifen und ist darin der Behandlungsfehler dargelegt, dann muss zusätzlich im Einzelnen der Gesundheitsschaden aufgearbeitet werden. Ein Punkt ist der Schmerz, seine Intensität und die Beeinträchtigung, die er dem Geschädigten auferlegt (etwa: dauerhafte Schmerzmedikamente). Der Hauptpunkt sind aber die Lebensbeeinträchtigungen, also all das, was ein Geschädigter nicht mehr machen kann und das ihn belastet: Der Beruf muss aufgegeben werde, Hobbys sind nicht mehr möglich, die Familienplanung, die Heirat wird vereitelt. Alle diese Faktoren fließen in die Bemessung des Schmerzensgeldes ein. Sie müssen dargelegt werden.
Sodann müssen die Schäden bei der Haushaltsführung ermittelt werden: Wie viele Stunden konnte der Geschädigte vor dem Unfall/ Behandlungsfehler im Haushalt arbeiten, wie viel nur noch danach – oder vielleicht überhaupt nicht mehr.
Dann muss an Hand der Erwerbsbiographie und der Lohnabrechnungen eine Prognose über die zukünftige Erwerbsbiographie und den daraus zu berechnenden Erwerbsschaden getroffen werden. Die Einbußen sind zu ersetzen.
Schlussendlich muss bei einem Abfindungsvergleich überlegt werden, ob die materiellen Ansprüche kapitalisiert werden sollen. Das heißt: Der zukünftige Schaden von Verdienstausfall und Haushaltsführung wird statistisch hochgerechnet.
Die Kapitalisierung ist die Berechnung des Barwerts wiederkehrender künftiger Leistungen durch deren Abzinsung. Klingt kompliziert, ist aber im Ergebnis einfach nachvollziehbar: Man bekommt sofort einen Betrag, der geringer ist als eine laufende Zahlung bis zum statistischen Ende. Dafür hat man den Betrag im Hier und Jetzt und kann damit arbeiten, vielleicht eine Existenz gründen, wenn der Gesundheitszustand das zulässt. Das muss natürlich alles gut berechnet und dann auch gut überlegt werden. Wir beraten Sie dazu ausführlich und führen Ihnen die Vor- und Nachteile in einem anwaltlichen Aufklärungsgespräch vor Augen.
Ein Vergleich zur Abfindung aller Forderungen birgt die Gefahr, dass späterhin keine Nachforderungen mehr möglich sind. Das kann gut sein, das kann schlecht sein. Wenn die Gefahr von Folgeschäden oder einer Verschlechterung nicht groß ist, kann man erwägen auf Nachforderungen ein für allemal zu verzichten, wenn die Gegenseite im Gegenzug den Schmerzensgeldbetrag erhöht und das Risiko der Zukunftsschäden damit abkauft.
Kommt diese Taktik nicht in Frage, weil beispielsweise ein junger Arbeitnehmer wegen eines Autounfalls oder Behandlungsfehlers am Knie geschädigt worden ist und vorhersehbar ist, dass mit einer nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit eine Verschlechterung des Schadens eintreten könnte, die überdies dazu führen könnte, dass der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann, dann muss die Verjährung ausgehebelt werden, am Besten durch ein titelersetzendes Anerkenntnis (siehe unter Tipp 1.). Dann ist die Verjährung 30 Jahre gehemmt.
Hier kann es um ganz viel gehen: Wenn ein junger Geschädigter durch die Verletzungsfolgen früh aus dem Arbeitsleben gerissen wird und womöglich so schwer geschädigt ist, dass er nicht einmal mehr seinen Haushalt führen kann und womöglich Pflege benötigt, dann summieren sich monatlich außerordentlich hohe Beträge auf. Diese werden noch erhöht, wenn Anspruch auf Ersatz der Unterhaltsleistungen besteht, also wenn der Geschädigte Ehefrau und/oder Kindern zum Unterhalt verpflicht war.
Weigert sich der Berufshaftpflichtversicherer des Arztes ein solches Anerkenntnis abzugeben, bleibt langfristig nur eine Klage.
Ansonsten beginnt bei einer Zahlung des Versicherers die Verjährungsfrist von drei Jahren immer wieder neu zu laufen weil eine Zahlung ein Anerkenntnis ist; bei Zahlung auf einen Posten (etwa: Schmerzensgeld), ein Anerkenntnis auf alle Posten (Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden und vermehrte Bedürfnisse).
Bei regelmäßigen Zahlungen kann dieser Zustand ausreichen; man muss die Problematik aber immer vor Augen haben. Ein Verjährungsverzicht oder ein titelersetzendes Anerkenntnis sind in jedem Fall beruhigender.
Wenn nicht gezahlt, nicht anerkannt, nicht verglichen oder nicht auf die Verjährung verzichtet wird (siehe: Tipp 1 und 8), dann bleibt nur der Gang zu Gericht, um die Ansprüche nicht gänzlich zu verlieren.
Verkehrsunfallprozesse und Arzthaftungsprozesse unterscheiden sich in einem Punkt. Die Schuldfrage ist bei Verkehrsunfällen viel schneller geklärt, als bei Behandlungsfehlern, sie sind naturgemäß dann auch schneller abgeschlossen. Hinsichtlich des Streits um die Höhe der Forderungen gibt es keine Unterschiede.
Ansonsten sieht der Prozessverlauf aus Sicht eines Klägers (oder Klägerin natürlich) in Arzthaftungssachen folgendermaßen aus:
a) Die Klage: Die Klage muss gefertigt werden. Sie entspricht, wenn es gut gemacht ist, im Groben dem außergerichtlichen Anspruchsschreiben. Versehen wird sie mit den im Prozess erforderlichen Anträgen zum Schmerzensgeld, zum materiellen Schaden und ganz und gar wichtig: mit einem Feststellungsantrag zur Haftung für zukünftige Schäden (sogenannter Feststeller). Daneben müssen alle Anlagen beigefügt werden. Unsere Kanzlei übersendet vorab immer einen Entwurf der Klage, den Sie dann in Ruhe anschauen und Änderungswünsche äußern können.
b) Die Einreichung der Klage: Die Klageschrift wird dann in dreifacher Ausfertigung (eine für das Gericht, zwei für den gegnerischen Anwalt, der ein Exemplar an seinen Mandanten weiterleitet) eingereicht. Das Gericht legt eine Akte an, vergibt eine Geschäftsnummer und prüft seine Zuständigkeit. Ist das Gericht zuständig und sind die Gerichtskosten eingezahlt, wird die Klage sodann der Gegenseite zugestellt, was mindestens drei Wochen dauert, weil ja zuvor die Gerichtskosten bezahlt werden müssen. Zumeist wird auch der Streitwert vorläufig festgesetzt, was Sinn ergibt, weil sich die Höhe der Gerichtskosten nach der Höhe des Streitwerts richtet. Bei einer Klage über 50.000,- Euro muss man 1.638,- Euro vorschießen, bei 100.000,- Euro sind es 3.078,- Euro und bei 200.000,- 5.238,- Euro.
c) Die Verteidigungsanzeige: Die Gegenseite hat nach der Zustellung der Klage zwei Wochen Zeit, zu erklären, ob sie sich gegen die Klage verteidigen will (Verteidigungsanzeige), wenn sie nicht durch Versäumnisurteil verurteilt werden möchte. In unserem Rechtsgebiet ist aber die Verteidigung gegen die Klage die Regel. Zusätzlich zur Verteidigungsanzeige wird ein Antrag auf Abweisung der Klage gestellt.
d) Die Klageerwiderung: Mindestens zwei weitere Wochen Zeit hat dann die Gegenseite, um auf die Klage zu erwidern. Diese Frist wird von den Landgerichten vorausschauend meistens von Anfang an länger gesetzt, in jedem Fall aber großzügig verlängert. Das ergibt auch Sinn, weil gegen eine Klage im Arzthaftungsrecht einfach nicht innerhalb von zwei Wochen erwidert werden kann. Arzthaftungsrecht ist halt kein Kaufrecht oder Mietrecht (in diesen Gebieten ist das ohne Weiteres möglich).
e) Die Replik: Die gleichfalls in dreifacher Ausfertigung bei Gericht eingereichte Klageerwiderung trifft dann meist etwa drei bis vier Monate nach Klageeinreichung in der Kanzlei ein. Das Doppel senden wir unverzüglich an den Mandanten weiter. Dann müssen die Einwände gegen die Klageerwiderung besprochen werden, um die sogenannte Replik (Erwiderung auf die Klageerwiderung) zu fertigen. Dafür hat man mindestens zwei Wochen Zeit, manchmal werden es auch acht, wenn der Fall komplex ist und vielleicht noch Arztberichte oder bildgebendes Material beschafft werden müssen.
f) Die Duplik ff.: Manchmal erwidert der Beklagte auf die Replik noch mal mit einer Duplik. Das ist aber eher selten. Wenn sie allerdings kommt, muss man meist etwas dazu schreiben (Triplik), dann kommt eventuell die Quadruplik des Beklagten. Dort findet sich eigentlich nie etwas Relevantes.
g) Der Beweisbeschluss: In der Regel erlässt das Gericht nach Eintreffen der Replik einen sogenannten Beweisbeschluss, in dem ein vom Gericht benannter Sachverständiger beauftragt wird, die vom Gericht aus den bisher eingereichten Schriftsätzen formulierten Beweisfragen zu beantworten.
Das dauert dann seine Zeit.
h) Das Sachverständigengutachten: Wenn das Sachverständigengutachten eintrifft, darf man dazu Stellung nehmen. In der Regel bleibt aber der Sachverständige bei seiner Meinung, sei das Gutachten nun zugunsten oder zuungunsten des Klägers ausgegangen. Mit Erfolg kann man gegen ein solches Gutachten nur mit einem privaten Gegengutachten vorgehen.
i) Die Ergänzungsgutachten: Oftmals werden aufgrund der sich aus dem Sachverständigengutachten ergebenden Fragen oder aufgrund privater Gegengutachten Ergänzungsgutachten eingeholt. Bisweilen ist es auch notwendig, Gutachten aus verschiedenen ärztlichen Disziplinen einzuholen. Das dauert oft sehr lang. Hier ist ein Großteil der Zeit zu verorten, wenn Arzthaftungsangelegenheiten manchmal viele Jahre in Anspruch nehmen.
j) Die Ladung des Sachverständigen: Zusätzlich zu einer Stellungnahme kann man beantragen (die Gegenseite darf das natürlich auch), den Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung zu laden, damit dieser zu seinem Gutachten mündlich Stellung nimmt. Die Fragen, die das Gericht dem Sachverständigen stellen soll, muss der Kläger vorformulieren und zwar als konkrete Fragen, nicht als weitere Stellungnahme.
k) Die mündliche Verhandlung: Die mündliche Verhandlung steht an. Das kann vom Einreichen der Klage ab zwischen einem und zehn Jahren dauern. In der Regel sind es zwei bis vier Jahre.
Der vorsitzende Richter (oder Richterin) gibt zu Beginn der Verhandlung (die Dauer beträgt bei Arzthaftpflichtsachen etwa ein bis drei Stunden) eine Einführung in den Sach- und Streitstand. Treten rechtliche Probleme zu Tage, dürfen sich die Prozessbevollmächtigten der Parteien dazu äußern. Ist der Sachverständige geladen wird er sodann vernommen und muss die zuvor schriftlich gestellten Fragen beantworten, die nunmehr das Gericht abfragt. Ergeben sich daraus weitere Fragen dürfen die Anwälte diese abfragen. In der mündlichen Verhandlung sind an den Sachverständigen ausschließlich konkrete Fragen zu stellen, es sind gerade keine Plädoyers zu halten. Solche verärgern das Gericht!
Dann wird der Sachverständige entlassen und das Ergebnis der Beweisaufnahme vom Gericht mit den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten erörtert.
Wird zusätzlich zu einem Behandlungsfehler die hinreichende Aufklärung gerügt, werden die Parteien angehört und gegebenenfalls Zeugen vernommen.
Über das Ergebnis der mündlichen Verhandlung wird ein Protokoll gefertigt.
Oftmals wird in der mündlichen Verhandlung ein Vergleich geschlossen, der dann auch in das Protokoll aufgenommen wird. Der gerichtlich protokollierte Vergleich hat juristisch die gleiche Wirkung wie ein Urteil (Titel). Gegen ihn gibt es allerdings kein Rechtsmittel, wenn die Parteien ihren Vergleichsschluss nach der mündlichen Verhandlung bereuen. Einen Vergleich kann man nur widerrufen, wenn von den Parteien selbst in dem Vergleich eine Widerrufsfrist vereinbart wird.
Zu rein juristischen Fragen darf man nach der mündlichen Verhandlung jederzeit noch Stellung nehmen; möchte man zum Tatsächlichen, also beispielsweise zum Behandlungsverlauf oder Äußerungen des Sachverständigen noch Stellung nehmen, sofern dies nicht schon in der mündlichen Verhandlung geschehen ist, muss man einen Schriftsatznachlass beantragen.
Meist am Schluss der mündlichen Verhandlung setzt das Gericht dann den Streitwert endgültig fest und bestimmt einen Verkündungstermin.
l) Der Verkündungstermin: Zu diesem Termin wird das Urteil (ohne Gründe) im Gerichtsaal verkündet, weil die Zivilprozessordnung (ZPO) das so vorsieht. Von den Parteien oder Anwälten muss zu diesem Termin niemand erscheinen.
Das Urteil (mit Gründen) bekommen beide Parteien zugestellt. Sodann muss man überlegen, ob ein Rechtsmittel eingelegt werden soll. In Betracht kommen: Berufung, Revision und Nichtzulassungsbeschwerde.
m) Die Berufung: Gegen ein Urteil des Landgerichts kann man Berufung beim Oberlandesgericht einlegen. Die Frist beträgt einen Monat ab Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe (nicht ab Verkündung). Siehe: Tipp 10.
n) Die Revision: Gegen ein Urteil oder Beschluss des Oberlandesgerichts kann man Revision beim Bundesgerichtshof einlegen, wenn das OLG die Revision zugelassen hat. Hat das OLG die Revision nicht zugelassen, was zumeist der Fall ist, muss man gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einlegen (Nichtzulassungsbeschwerde). Für beide Rechtsmittel benötigt man einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt. Davon gibt es in Karlsruhe nur knapp über 40.
Auch hier beträgt die Frist einen Monat ab Zustellung des Urteils oder Beschlusses. Siehe: Tipp 10.
o) Die Rechtskraft: Werden die Fristen versäumt, sind die Urteile (Titel) rechtskräftig und für immer unanfechtbar für beide Seiten (rechtskräftig). Hat man obsiegt, kann man aus diesem rechtskräftigen Urteil 30 Jahre lang gegen den Gegner vollstrecken.
Vor Ablauf dieser Frist muss man gegen den Gegner erneut auf Feststellung zur Verpflichtung der Schadensersatzleistungen klagen, wenn er den Anspruch nicht für weitere 30 Jahre „titelersetzend“ (so wie bei einer Verurteilung) anerkennt.
Ob für Berufung oder Revision Erfolgschancen bestehen, muss genau geprüft werden. Die Überprüfung der Erfolgschancen des Rechtsmittels der Berufung übernehmen wir gerne. Die Überprüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsmittel der Revision und Nichtzulassungsbeschwerde muss ein auf das Revisionsrecht spezialisierter „Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof“ (so lautet die genaue Bezeichnung) vornehmen. Wir können zunächst nur dazu beraten, ob sich diese Überprüfung lohnt und auch Kontakt nach Karlsruhe herstellen. Wird das Revisionsverfahren durchgeführt, halten wir diesen Kontakt natürlich und überprüfen die Revisionsschriftsätze.
a) Die Berufung:
Gegen ein die Klage abweisendes Urteil eines jeden Landgerichts in Deutschland kann jeder in Deutschland zugelassene Rechtsanwalt innerhalb eines Monats Berufung einlegen. Voraussetzung ist, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 600,- Euro übersteigt. Die Beschwer bezeichnet denjenigen Anteil der Klage, mit dem man nicht durchgedrungen ist, also beispielsweise: Vom Haushaltsführungsschaden sind 601,- Euro (oder mehr) nicht zugesprochen worden. Man muss sich überlegen, ab welcher Beschwer sich der Gang in die höhere Instanz lohnt. Bei 601,- Euro ist das ganz bestimmt nicht der Fall.
Wenn die Klage in Gänze abgewiesen wird, stellt sich das Problem der Beschwer nicht. Ein Berufungsverfahren kann durchaus sinnvoll sein. Es kann sich auch lohnen, den Anwalt zu wechseln, weil neuer Abschnitt des Verfahrens eintritt, verursacht ein Anwaltswechsel in diesem Stadium keine zusätzlichen Kosten. Die Einschaltung eines Fachanwalts ist spätestens hier sinnvoll (siehe Tipp 5).
In Arzthaftungssachen fußt die Entscheidung der ersten Instanz (sofern es nicht ausschließlich um einen Aufklärungsmangel geht) auf einem medizinischen Sachverständigengutachten. Also kann man mit Erfolg das Urteil des Vordergerichts in der Berufung nur angreifen, wenn man das Sachverständigengutachten angreift, auf dem es baut. Das wiederum kann man nur dann, wenn man ein Privatgutachten einholt. (Dieser ganz entscheidende Punkt ist nicht spezialisierten Anwälten oft nicht klar). Bestätigt das Privatgutachten die Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens, so ist das Berufungsgericht gehalten, die Widersprüche zwischen Gerichtsgutachter und privatem Gutachter weiter aufzuklären. Man kommt also nicht um die Kosten eines Privatgutachtens herum, soll der Angriff Erfolg haben. Der Angriff mit einem Privatgutachten ist auch noch in der Berufungsinstanz erlaubt, er muss nicht schon in der ersten Instanz erfolgen, wenngleich das natürlich sinnvoll ist.
Hat das Angriffsmittel der Berufung keinen Erfolg, weil es durch Urteil oder Beschluss zurückgewiesen worden ist, verbleibt das Rechtsmittel der Revision.
b) Die Revision:
Diese kann ausschließlich ein „Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof“ einlegen, und zwar innerhalb eines Monats.
Das Rechtsmittel kann ausschließlich auf eine Rechtsverletzung gestützt werden. Die Revision ist nämlich – anders als die Berufung – keine zweite Tatsacheninstanz. Es werden keine Zeugen vernommen oder Gutachten eingeholt.
Im Rahmen der Revision wird das Urteil des Oberlandesgerichts ausschließlich auf Verfahrens- und Rechtsfehler hin überprüft.
Es gibt beim Revisionsverfahren einen entscheidenden Unterschied: Ist die Revision vom Oberlandesgericht zugelassen worden, etwa wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu klärenden Rechtsfrage, dann geht mit der Einlegung der Revision das Revisionsverfahren seinen Gang. Bei zugelassenen Revisionen besteht keine Streitwertgrenze.
Ist die Revision nicht zugelassen worden, muss dagegen zunächst mit der sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde angekämpft werden. Dafür müssen sogenannte Zulassungsgründe vorgebracht werden: Ein Zulassungsgrund kann gegeben sein, wenn die unterlegene Partei durch die angefochtene Entscheidung in Grundrechten, insbesondere Verfahrensgrundrechten verletzt ist (beispielsweise übergangene Beweisangebote, wie etwa nicht vernommene Zeugen).
Erst wenn dieser Schritt Erfolg gehabt hat, ist man im eigentlichen Revisionsverfahren.
Aber die Möglichkeit, den Bundesgerichtshof anzurufen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, besteht erst ab über 20.000,- Euro. Unterhalb dieser Streitwertgrenze ist eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht möglich.
Ein Beispiel: 25.000,- Euro Schmerzensgeld sind nicht zugesprochen worden, weil das Oberlandesgericht fehlerhaft angenommen hat, der Patient hätte auch dann in die Behandlung eingewilligt, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre (hypothetische Einwilligung). Dann prüft der VI. Senat des Bundesgerichtshofs, ob das Oberlandesgericht mit seiner Würdigung des Sachverhalts das Recht verletzt hat. Erachtet der Senat eine Revision für unzulässig, so verwirft er sie nach nichtöffentlicher Beratung durch Beschluss.
Gibt der Senat stattdessen der Nichtzulassungsbeschwerde statt, verweist er entweder den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Dieses muss dann gemäß den rechtlichen Vorgaben des BGH neu entscheiden. Oder aber der BGH setzt das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fort. Die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gilt in diesem Fall als Einlegung der Revision. Erforderlich ist jedoch auch in diesem Fall eine fristgerechte Begründung der Revision, die aber in einer Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehen kann.
In der Regel führt der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren eine mündliche Verhandlung durch. In dieser Verhandlung darf nur der Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof auftreten. Die Parteien und der Prozessbevollmächtige der unteren Instanzen dürfen sich die Verhandlung ansehen, aber nicht mitwirken. Bei einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof werden die Plädoyers durch die Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof gehalten, wobei es ausschließlich um Rechtsfragen geht. Es lohnt sich, dies einmal gesehen zu haben.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der BGH eine vom Berufungsgericht zugelassene Revision auch durch einstimmigen Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückweisen.
c) Verfassungsbeschwerde und Klage vor dem EuGH: Rein theoretisch gibt es nach dem Bundesgerichtshof noch die Möglichkeit das Bundesverfassungsgericht (Karlsruhe) oder den Europäischen Gerichtshof (Luxemburg) – oder beides – anzurufen. Unsere Kanzlei hält das aber für rein theoretische Möglichkeiten, weil die prozentuale Erfolgsquote einer Verfassungsbeschwerde so außerordentlich gering ist, dass wir solche Verfahren nicht führen möchten. Es entspricht nicht unserer Kanzleiphilosophie, ein Honorar zu nehmen für einen Auftrag, der statistisch so gut wie aussichtslos ist. Für die verschwindend geringe Erfolgschance, mit dem man den Europäischen Gerichtshof anrufen kann, gilt das gleichfalls. Davon sehen wir nur eine Ausnahme: Wenn der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof eine Frage vorlegt, dann ergibt der Weg nach Luxemburg natürlich Sinn.
Die Kapitalisierung von Schadensersatzansprüchen: Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden, Erwerbsschaden, Mehrbedarfsschaden ist möglich.
Das Problem ist: Opfer von Verkehrsunfällen oder ärztlichen Behandlungsfehlern haben in Deutschland nur in absoluten Ausnahmefällen einen Anspruch auf Kapitalisierung der ihnen zustehenden Schadensposten.
Trotz des Risikos, dass sich die tatsächliche Entwicklung auf einzelne oder alle Schadensposten anders gestaltet, als bei Vertragsabschluss über den Abfindungsvergleich prognostiziert, überwiegen die Vorteile einer Kapitalisierung. Wird nicht kapitalisiert, muss das Opfer Jahre, Jahrzehnte oder das ganze Leben Kontakt mit dem Versicherer halten und über einzelne Schadensposten streiten, soweit sie nicht als Rente gezahlt werden.
Auch der Versicherer hat den Vorteil, dass er sich die jahrelange Bearbeitung des Falls spart und keine Rückstellungen mehr bilden muss. Er kann den Fall dann auch abschließen.
Bei der Regulierung von Personengroßschäden haben sowohl das Opfer eines Verkehrsunfalls oder Behandlungsfehlers, als der Versicherer meist großes Interesse daran, dass der Fall zügig (in zwei Jahren) erledigt wird. Deshalb ist es oft trotz des fehlenden rechtlichen Anspruchs möglich, die Schäden zu kapitalisieren und das Geld sozusagen schon heute aus der Zukunft zu holen. Dieser Vorteil hat einen Nachteil. Das Geld aus der Zukunft wird um den Betrag gekürzt, das es mehr wert ist, als zu heutiger Zeit. Der Betrag ist nämlich dann schon jetzt verfügbar und kann verwendet oder angelegt werden.
Neben dem Problempunkt der Vorversterblichkeit bei schwersten Verletzungen (hier wird der Versicherer versuchen, den Anspruch zu kürzen), ist einer der Hauptstreitpunkte der Zinsfuß, der der Abzinsung zugrunde gelegt werden soll. Schwierig ist also nicht nur die Laufzeit (das ist unter anderem ein Problem beim Haushaltsführungsschaden) der zu kapitalisierenden Rente, sondern ganz besonders der zugrunde zu legende Zinssatz. Der Zinssatz hat die größten Auswirkungen auf die Höhe einer Kapitalabfindung.
Das Problem ist, dass heutzutage eine sichere Geldanlage nicht den Kapitalertrag einbringt, den ein Versicherer bei den Vergleichsverhandlungen zugrunde legen möchte. Viele Versicherer möchten möglichst mit fünf Prozent Abzinsung rechnen. Darauf sollte man sich keinesfalls einlassen. Der Verlust ist zu groß.
Das soll ein Rechenbeispiel verdeutlichen. Berechnet wird die Kapitalisierung mit Tabellen. Bei der Ermittlung des Barwertes sind in den Kapitalisierungstabellen als Kapitalisierungsfaktoren, das Geschlecht und die damit verbundene unterschiedliche Sterblichkeit, der Zinsfuß und die Laufzeit abgebildet.
Mit diesen Tabellen kann man dann einen Kapitalisierungsfaktor ermitteln. Mit diesem wiederum kann man den Barwert ausrechnen in dem man den Kapitalisierungsfaktor mit den jährlichen Rentenleistungen multipliziert.
Zur Verdeutlichung eine ganz einfache Rechnung: Ein 53-jähriger Mann erleidet einen Verdienstausfall, weil er verletzungsbedingt (Dauerschaden) nur noch Büroarbeit in seiner Firma verrichten kann, weshalb ihm der vorherige erworbene Facharbeiterlohn gekürzt wird. Der Erwerbsschaden beträgt der Einfachheit halber 1000 Euro. Hätte der Mann bis zu seinem 67. Lebensjahr den Betrag auf sein Sparbuch gelegt, von dem wir zur Vereinfachung von einer Verzinsung von Null Prozent ausgehen, so hätte er mit 67 Jahren dann mit der letzten Zahlung insgesamt 158.868 Euro erhalten. Wenn er diesen zukünftigen Gesamtbetrag schon heute mit 53 Jahren, ein Jahr nach dem Autounfall erhalten, muss er eine Kürzung hinnehmen. Würde diese mit fünf Prozent berechnet, so würde er lediglich 116.220 Euro erhalten. Das sind 42.648 Euro weniger. Der Abzug ist sehr hoch. Zu einem solchen Verlust kann man anwaltlich nur in Ausnahmefällen raten. Hier muss nachverhandelt werden, bestmöglichst auf einen Zinsfuß von zwei Prozent. Dann beträgt der Verlust lediglich 19.572 Euro. Er hätte 139.296 Euro zur Verfügung. Mit einer Verzinsung von 0,7 Prozent (sichere Geldanlage) könnte man daraus 2.565,93 Zinsen erzielen, sodass letztendlich ein geringerer Verlust eintritt. Der Geschädigte könnte sich, sofern noch nicht vorhanden, eine kleine Eigentumswohnung kaufen. In besserer Lage würde diese nicht nur umsonst bewohnt werden können, sondern auch an Wert gewinnen, was den Nachteil der Abzinsung kompensieren könnte.
Weitere und dann auch ausführlichere Rechenbeispiele finden sich bei den einzelnen Schadensposten.
2. Die Kapitalisierung des Schmerzensgeldes:
Nicht das Schmerzensgeld, wohl aber die Schmerzensgeldrente ist ein Fall der Kapitalisierung. Es handelt sich hier allerdings um einen Sonderfall, da niemals der komplette Schmerzensgeldbetrag kapitalisiert wird, sondern nur ein Teil. Anstatt einer kapitalisierten Einmalzahlung (wie etwa beim Erwerbsschaden) wird bis zum Lebensende ein Teil des Schmerzensgeldes als (kapitalisierte) Rente gezahlt. Einem Opfer eines Verkehrsunfalls oder eines Behandlungsfehlers steht zum Ausgleich seiner Lebensbeeinträchtigungen ein Schmerzensgeld zu. Normalerweise wird dieses in einem Betrag gezahlt. Der Schädiger (oder besser gesagt dessen Haftpflichtversicherer) kann nicht erzwingen, dass dem Opfer eine Schmerzensgeldrente aufgedrängt wird. Nur auf einen entsprechenden Antrag des Geschädigten bei Gericht kann eine solche Rente zugesprochen werden, wenn schwerste Dauerschäden vorliegen. Das Gericht spricht dann einen Teil des Schmerzensgeldes als Rente und den anderen Teil als Kapitalabfindung zu. Nach der Rechtsprechung muss die Verteilung von Kapital und Rente ausgewogen erfolgen. Außerdem muss das Gericht nach der statistischen Lebenserwartung den kapitalisierten Gesamtbetrag berechnen. Das heißt: Die Rente ist hochzurechnen auf das Lebensende und dann abzuzinsen auf den Gesamtbetrag, dem sie zum heutigen Zeitpunkt entsprechen würde. Sodann erst ist die monatliche Rente zu berechnen. Der Geschädigte erhält nämlich mit der Schmerzensgeldrente in der Regel nicht mehr als er im Falle einer Gesamtzahlung erhalten hätte.
Die Rente hat den Vorteil, dass sie an die Geldentwertung angepasst werden kann, allerdings nur dann, wenn die Lebenshaltungskosten um mehr als 25 Prozent steigen. Eine Rente darf vom Gericht nicht dynamisch (mit automatischer Steigerung) zugesprochen werden, was eigentlich das Beste und Einfachste wäre. Versperrt sich der Schädiger einer Anpassung, muss der Geschädigte auf Abänderung klagen.
Ein einmaliger Kapitalbetrag hat den Vorteil, dass der Geschädigte die komplette Summe sofort erhält und einsetzen kann, aber auch den Nachteil, dass er im Normalfall nichts nachfordern kann.
Eine Schmerzensgeldrente kann in Einzelfällen Sinn ergeben. Im Regelfall rät unsere Kanzlei von einer Schmerzensgeldrente (die ohnehin eine Kombination von nicht kapitalisierter Einmalzahlung und kapitalisierte Rentenzahlung ist) ab. In den allermeisten Fällen ist es für den Geschädigten sinnvoll, die nicht kapitalisierte Einmalzahlung sofort zu erhalten. Für Unwägbarkeiten (etwa eine zu erwartende Verschlechterung des Gesundheitszustandes, wie etwa eine Erblindung oder die Rollstuhlpflichtigkeit) steht der so genannte immaterielle Vorbehalt zur Verfügung. Damit kann in solchen besonderen Fällen – normalerweise ist dies nicht möglich – Schmerzensgeld nachgefordert werden. Nochmals zur Klarstellung: eine Erhöhung des Schmerzensgeldes in der Zukunft ist nur dann möglich, wenn sich die Parteien eines Abfindungsvergleiches dies vorbehalten haben oder der gesundheitliche Zustand sich vollkommen unerwartet verschlechtert, womit niemand rechnen musste. Solche Fälle sind aber außerordentlich selten.
Ein Rechenbeispiel für ein Schmerzensgeld mit Rentenzahlung: Ein mit drei Jahren geschädigtes Mädchen erhält wegen näherer erheblichen Lebensbeeinträchtigungen aufgrund eines Gerichtsurteils mit zehn Jahren ein Schmerzensgeld von 150.000 Euro und eine Rente von 325 Euro. Das Mädchen wird also im Laufe der ihr noch statistisch verbleibenden 73 Jahre 284.700 Euro über die Rentenzahlung erhalten. Das Geld ist dann aber erst zum Ende seines Lebens vollständig vorhanden, nämlich zusammen mit dem Schmerzensgeldbetrag 434.700 Euro. Dabei ist nicht berücksichtigt, was die Eltern des Mädchens mit dem Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 150.000 Euro gemacht haben. Sie hätten ihn verwenden können, um dem Mädchen das Leben angenehmer zu machen, beispielsweise durch Reisen, durch einen Therapiehund, Delphintherapie usw. Das Geld wäre dann ausgegeben und der Gesamtbetrag käme nicht zu Stande; umgekehrt wäre auch möglich, dass die Eltern das Geld anlegen, so dass dann insgesamt mehr Geld vorhanden wäre.
Alternativ hätte das Mädchen nach dem Urteil sofort einen Gesamtschmerzensgeldbetrag bekommen. Dieser wäre aber nicht höher gewesen als der ausgeurteilten Schmerzensgeldbetrag zuzüglich der kapitalisierten Rentenzahlungen. Bei einer Kapitalisierungssumme in Höhe von zwei Prozent ergibt sich ein Betrag in Höhe 150.000 Euro von anstatt der Rentenzahlung, also insgesamt ein Schmerzensgeldbetrag von: 300.000 Euro. Bei drei Prozent ergibt sich ein Betrag von 115.000 Euro, also ein Gesamtbetrag von 265.000 Euro; bei vier Prozent ergibt sich ein Betrag von 92.000 Euro, also ein Gesamtbetrag von 242.000 Euro und bei fünf Prozent sind es 76.000 Euro, also gesamt 226.000 Euro. Im Vergleich zu den letztendlich am Lebensende gezahlten 434.700 Euro ist das zu wenig. Bei einer Abzinsung von zwei Prozent besteht immer noch eine Differenz in Höhe von 134. 700 Euro. In Anbetracht der Tatsache, dass die Geschädigte dann diesen Betrag sofort erhält, ist nach Meinung unserer Kanzlei einer Abzinsung mit zwei Prozent hinzunehmen. Entscheiden muss dies aber stets der Geschädigte selbst.
3. Die Kapitalisierung des Erwerbsschadens
Bei Personengroßschäden, bei denen die geschädigte Person für den Rest ihres Lebens erwerbsunfähig bleiben wird, ist dieser Schaden zu ersetzen. Sinn kann auch hier eine Kapitalisierung ergeben.
Dabei geht es um sehr viel Geld aus der Zukunft. Besonders weit aus der Zukunft muss man das Geld holen, bei Kleinkindern oder Kindern, die noch gar keinen Beruf haben und bei denen der Erwerbsschaden erst in der Zukunft auftreten wird. Wird ein dreijähriges Kind schwer geschädigt (hypoxischer Gehirnsschaden), so dass es in seiner Berufswahl aufgrund der Entwicklungsverzögerung eingeschränkt ist, so kann sich folgendes ergeben: bei kleinen Kindern wird mangels anderer Anhaltspunkte von den Berufsbiografien der Eltern und Geschwister ausgegangen. Geschwister sind hier nicht vorhanden. Nehmen wir an, dass die Mutter des Kindes Lehrerin an einem Gymnasium ist; der Ehemann ist Jurist, etwas älter, mit LL.M.-Titel und Promotion ist er Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater und Seniorpartner einer kleinen Großkanzlei für Steuerrecht mit einem Jahresverdienst von 350.000 Euro. Die Lehrerin verdient 50.000 Euro im Jahr. Sie muss dafür auch nur die Hälfte der Zeit arbeiten, hat jedes Wochenende frei und Schulferien. Sie musste keine Doktorarbeit schreiben, keinen Master of Law (LL.M.) erwerben, keine Steuerberaterprüfung ablegen und sich auch nicht dem Fachanwaltslehrgang aussetzen. Ansonsten ist der Beruf sicherlich auch sehr stressig und gesellschaftlich wertvoll. Hier stellt sich trotz der unterschiedlichen Qualifikationen und des beruflichen Einsatzes die Frage, inwieweit der wirklich sehr große Gehaltsunterschied gerechtfertigt sein kann. Damit fängt auch schon das Problem an. Die Prognose des zukünftigen Erwerbsschadens muss sich nach der beruflichen Laufbahn der Eltern richten. Der Bundesgerichtshof sagte in diesem Zusammenhang wörtlich: „Bei einem jüngeren Menschen kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden, dass er auf Dauer die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten für eine gewinnbringende Erwerbstätigkeit nicht nutzen werde.“ Was aber heißt das konkret? Was wäre die Tochter ohne Unfall oder Behandlungsfehler geworden? Grundschullehrerin, Gymnasiallehrerin oder wäre sie Fachanwältin für Familienrecht geworden? Sehr gut verdienen Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz. Hätte sie diesen Zweig eingeschlagen, hätte sie ihren Vater übertrumpfen können, indem sie einen halben Kopf größer gewachsen, 600.000 Euro im Jahr verdient und später keinen Lehrer geheiratet hätte, sondern einen Partner aus der Kanzlei. Damit hätte sie es mit einem gemeinsamen Jahresgehalt von über einer Millionen Euro in den gehobenen Mittelstand geschafft.
Dieses Beispiel zeigt, wie immens die Unterschiede bei der Schätzung des Erwerbsschadens sein können. In die Schätzung einfließen müssen natürlich auch Gehaltserhöhungen. Legt man in außergerichtlichen Verhandlungen mit dem Versicherer das Durchschnittseinkommen von Juristen in TOP-Kanzleien zu Grunde, dann beläuft sich dieses auf 140.000 Euro im Jahr. Steigerungen sind zu berücksichtigen, über die Höhe wird man streiten und verhandeln müssen. Problematisch bei den Verhandlungen mit dem Versicherer wird auch sein, dass dieser die Prognoseberechnung mit 65 Jahren beendet haben will. Selbstständige Anwälte und Anwältinnen arbeiten aber oft länger. Wenn es schlecht läuft, dann müssen sie; wenn es gut läuft, dann wollen sie es.
Das Beispiel zeigt gleichzeitig anschaulich, wie das Geld auch aus einer ferneren Zukunft kommen kann. Die geschädigte Dreijährige hätte unter dem Drill ihrer bürgerlichen Eltern vermutlich mit 17 Jahren das Abitur gemacht (eventuell hätte ein einjähriger Auslandsaufenthalt die Immatrikulation verzögert), das Studium mit finanzieller und psychischer Unterstützung (Druck) der Eltern bis 23 durchgezogen; mit 25 hätte sie promoviert, sodann mit 26 Jahren den LL.M. abgeschlossen. Nachgefolgt wäre nun das Rechtsreferendariat, das sie mit 28 Jahren abgeschlossen hätte, wobei sie den theoretischen Teil des Fachanwaltslehrgangs in der Wahlstation des Referats hätte ableisten können. Mit 29 Jahren würde sie dann in das Berufsleben eintreten (das geringe Salär während der Referendarzeit vernachlässigen wir). Ohne Kapitalisierung wird der Erwerbsschaden in minimaler Höhe 23 Jahre nach dem Verkehrsunfall oder Behandlungsfehler fällig, eigentlich erst nach 26 Jahren (Anwaltszulassung). Mit einem Auslandsaufenthalt wären es 27 Jahre, weil sie dann erst mit 30 in den Beruf eingetreten wäre. Das klingt fast ein bisschen alt. Aber schneller als hier dargetan, kann man diese berufliche Laufbahn nicht absolvieren.
Selbst wenn man nun bei den außergerichtlichen Verhandlungen zu Gunsten einer Einigung davon ausgehen möchte, dass die Geschädigte das Einkommen ihres Vaters nicht erreicht hätte, jedoch in einer mittelgroßen Kanzlei ein ordentliches (durchschnittliches) Einkommen (140.000 Euro Anfangsgehalt) erwirtschaftet hätte, ist doch auch dieser Betrag nicht zu verachten. Rechnet man mit entsprechenden Einkommenssteigerungen den Verdienstausfall vom 30. bis zum 70. Lebensjahr hoch ergeben sich etwa acht Millionen Euro. Als Lehrerin hätte sie von 25 bis 65 etwas unter anderthalb Millionen verdient. Den Umständen gemäß wird der Versicherer bei den Verhandlungen darauf pochen, dass das Mädchen Oberstudienrätin geworden wäre.
Da es sich auch hier um Geld aus der Zukunft handelt, ist es entsprechend abzuzinsen:
Geht man davon aus, dass das Kind Rechtsanwältin werden und von 30 bis 70 in einer Großkanzlei arbeiten wird, so wie ihr Vater, sehen die Zahlen folgendermaßen aus: bei zwei Prozent ergeben sich 9.451.050 Euro, bei drei Prozent ergeben sich 8.051.400 Euro, bei vier Prozent ergeben sich 6.948.200 Euro und bei fünf Prozent ergeben sich 6.068.650 Euro.
Beim Einstieg in eine mittelgroße Kanzlei ergibt sich nachstehende Kalkulation: bei zwei Prozent sind es 4.320.480 Euro, bei drei Prozent sind es 3.680.640 Euro und bei vier Prozent sind es 3.176.320 Euro und bei fünf Prozent sind es 2.774.240 Euro.
Bei der Prognose Gymnasiallehrerin (Mutter) ergibt sich bei einem Erwerbsleben von 25 bis 65 Jahren folgende Kalkulation: bei zwei Prozent sind es 1.362.200 Euro, bei drei Prozent sind es 1.159.200 Euro, bei vier Prozent sind es 999.400 Euro und bei fünf Prozent 872.150 Euro.
Von den Versicherern wird gerne der Zinsfuß von fünf Prozent favorisiert. Diese Beispielsrechnung erhellt, warum das so ist.
Einlassen kann man sich auf zwei Prozent, man könnte sich auch auf drei Prozent einigen; bei vergleichsweisen außergerichtlichen Verhandlungen sollte in diesem Beispiel das Limit die Fünf-Millionen-Grenze sein. Wir halten es zudem für notwendig, dass der Steuerschaden vom Versicherer zu tragen ist, indem etwa ein Vorbehalt dahingehend vereinbart wird, dass der Geschädigte die Einkommenssteuer auf den kapitalisierten Betrag zunächst selbst zahlt, sodann der Versicherer gemäß Steuerbescheid dem Geschädigten den Betrag ersetzt.
4. Die Kapitalisierung des Haushaltsführungsschadens:
Unter den Haushaltsführungsschaden fallen alle Verrichtungen, die ein Geschädigter krankheitsbedingt nicht mehr ausführen kann. Hierbei geht es um Kochen, Waschen, Bügeln, Einkaufen usw. Für die gewissenhafte Ausführung dieser Tätigkeiten können schon einige Stunden im Monat zusammenkommen. Die Statistik sagt folgendes: In einem mittleren 2-Personenhaushalt werden fast 200 Stunden im Monat für die Hausarbeit aufgewendet; in einem gehobenen 3-Personenhaushalt sind es fast 250 Stunden. Viele Gerichte sprechen mittlerweile beim Haushaltsführungsschaden einen Schadensersatz in Höhe von zehn Euro netto zu. Damit ist klar, dass der Gegenwert der Haushaltsleistungen in den angeführten Beispielen 2000-2500 Euro wert ist.
Fällt nun ein Teil der Hausarbeit weg, indem etwa der eine Ehepartner verletzungsbedingt die Hausarbeit nicht mehr erbringen kann, so wird klar, dass entsprechend hohe Beträge zu ersetzen sind. Das gilt insbesondere, wenn die Frau ausfällt, da die statistischen Erhebungen ergeben, dass ihr Anteil an der Hausarbeit nach wie vor erheblich höher ist, als die des Mannes. Wenn es sich um dauerhafte Schäden handelt, kommen sehr hohe Beträge zu Stande. Bei erheblichen Bewegungseinschränkungen nur einer Hüfte (bei zwei Hüften wären 70 Prozent) geht man von einer Minderung der Haushaltsführungstätigkeit von 50 Prozent aus. Die vierzigjährige Frau, die eine solche Einschränkung aufgrund eines Behandlungsfehlers oder eines Verkehrsunfalls dauerhaft erlitten hat, hatte zuvor in ihrem gehobenen 3-Personenhaushalt 153 Stunden gearbeitet. Das bedeutet einen monatlichen Schadensersatzanspruch von 765 Euro. Das ergibt im Jahr 9.072 Euro. Statistisch hat in Deutschland eine 40 jährige Frau noch 43,5 Jahre zu leben. Früher gab es Rechtsprechung, die davon ausging, dass durchschnittlich ein Haushalt nur bis zum 75. Lebensjahr geführt wird. Davon ist die Rechtsprechung abgerückt, da immer mehr Bundesbürger ihren Haushalt bis in ein sehr hohes Alter hinein führen. Aus diesem Grunde wird der Haushaltsführungsschaden bis zum Lebensende berechnet. Es ergibt sich in diesem Fall die Summe von 394.632 Euro. Diese Summe würde die Geschädigte erhalten, wenn ihr der Haushaltsführungsschaden monatlich oder vierteljährlich vom Haftpflichtversicherer des Schädigers überwiesen würde. Wenn man sich nun außergerichtlich darauf einigt, dass dieser Schadensposten kapitalisiert wird, dann bekommt man natürlich weniger, wenn das Geld sofort fließt. Der Knackpunkt der außergerichtlichen Verhandlungen ist – wie stets bei der Kapitalisierung – der Zinsfuß. Es kommt also entscheidend darauf an, mit welchem Zinssatz dieser Betrag abgezinst wird. Die Rechenbeispiele verdeutlichen, wie wichtig hier das Verhandlungsgeschick ist: bei fünf Prozent erhält die Geschädigte 160.100 Euro, bei vier Prozent erhält die Geschädigte 185.400 Euro, bei drei Prozent erhält die Geschädigte 218.000 Euro, bei zwei Prozent erhält die Geschädigte 261.000 Euro und bei einem Prozent erhält die Geschädigte 318.700 Euro.
Die Beispielrechnung verdeutlicht nochmals die Spannbreite. Zwischen einem und fünf Prozent Abzinsung verbirgt sich der doppelte Betrag. Das was bei fünf Prozent Abzinsung übrig bleibt ist nur die Hälfte, von dem was bei einer Abzinsung von einem Prozent verbleibt. Eine Abzinsung von einem Prozent in außergerichtlichen Verhandlungen durchzusetzen ist nach unserer Erfahrung unmöglich. Dabei geht es den Versicherern vermutlich auch um das Prinzip. Eine Abzinsung zwischen zwei und drei Prozent hingegen ist realistisch. Nimmt man die drei Prozent, so muss der Geschädigte überlegen, ob er 218.000 Euro sofort erhalten möchte oder ob sich er bis zu seinem Lebensende mit 765 Euro im Monat zufrieden geben will. Beides hat seine Vor- und Nachteile, die es gründlich abzuwägen gilt. Dafür kann ein Fachanwalt ein guter Ratgeber sein; vielleicht aber auch ein Steuerberater. Möglich wäre es ja, die 218.000 in Wohnungseigentum anzulegen und somit Miete zu sparen. Hinzu käme dann die Wertsteigerung des Wohnungseigentums über die Jahre. Dieses kleine Beispiel zeigt, dass man sich keinesfalls in seinen Überlegungen davon abschrecken lassen sollte, dass man weniger Geld erhält. Man muss sich immer wieder vergegenwärtigen, dass man das Geld „aus der Zukunft“ erhält und es allein deswegen weniger ist.
5. Die Kapitalisierung der Pflegekosten:
Bei den Pflegemehrkosten handelt es sich eigentlich um vermehrte Bedürfnisse (siehe Punkt 6). Da diese jedoch im Personenschadensrecht so außerordentlich wichtig sind und einen großen Raum einnehmen, wird ihnen an dieser Stelle ein eigener Unterpunkt eingeräumt
Unter vermehrten Bedürfnissen versteht man verletzungsbedingten Mehrausgaben, die ein Geschädigter im Vergleich zu einem gesunden Menschen hat, also auch die Pflege, etwa stationär im Heim oder zu Hause durch nahe Angehörige. Hier sagt der Bundesgerichtshof, dass ein Verletzter verlangen kann, dass er in seiner vertrauten Umgebung gepflegt wird, auch wenn dies die Heimkosten um ein Vielfaches übersteigen sollte.
Pflegekosten zu kapitalisieren, ist gefährlich. Wenn sich die Pflegekosten nach einer außergerichtlichen Einigung in der Zukunft ändern, macht der Geschädigte einen Gewinn, sofern sich sein Zustand bessert; verschlechtert sich sein Zustand, ergibt sich ein Verlust und womöglich kann die Pflege nicht mehr in einem angemessenen Rahmen sichergestellt werden. Die gesetzliche Pflegeversicherung ist lediglich eine Art „Teilkaskoversicherung“.
Es ist möglich, die Pflegekosten aus einem Abfindungsvergleich gänzlich herauszunehmen. Gleichfalls ist es möglich, einen Vorbehalt zu vereinbaren. Beispielsweise, dass die Pflege bis zu einem bestimmten Zeitpunkt kapitalisiert wird, sodann aber wieder als Rente gezahlt werden muss.
Pflegekosten werden bis zum statistischen Lebensende kapitalisiert, weil sie bis zum Tod anfallen.
Hier sei einmal das Beispiel einer zehnjährigen Wachkomapatientin berechnet, die nach einem Verkehrsunfall Betreuung Rund-um-die-Uhr benötigt. Sie wird zu Hause gepflegt. Das ist für die Eltern außerordentlich stressig und sie bekommen dafür auch noch weniger Geld als eine professionelle Pflegekraft.
Sie muss zwölf Stunden am Tag gepflegt werden. Geht man hier von einem monatlichen Ersatzbetrag von 5.600 aus, dann müssen die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung (Pflegegeld) abgerechnet werden. Ingesamt ergibt sich ein jährlicher Schadensposten in Höhe von etwa 50.000 Euro. Unter Berücksichtigung der Lebenserwartung einer weiblichen Zehnjährigen ergibt sich, dass der Versicherer des Schädigers bis zum statistischen Lebensende die Summe in Höhe von 3.671.150 Euro zahlen müsste. Wird dieser Betrag mit fünf Prozent abgezinst, verbleibt nicht mal eine Millionen Euro, sondern nur 990.350 Euro. Wird der Betrag mit vier Prozent abgezinst verbleiben immerhin 1.194.000 Euro. Bei einem Zinssatz von drei Prozent verbleiben 1.485.000 Euro. Bei zwei Prozent sind es fast zwei Millionen Euro, nämlich 1.917.550 Euro. Dann kann man sehen, dass gerade bei langen Laufzeiten (die restliche Lebenserwartung der Geschädigten beträgt 73 Jahre) der Verlust durch die Vereinbarung eines hohen Zinsfußes extrem sein kann.
In diesem Beispiel stellt sich außerdem als Problem dar, dass nicht klar ist, wer in ferner Zukunft die Pflege übernehmen kann. Die Eltern werden irgendwann zu alt sein. Es ist zu erwarten, dass die Kosten für Pflegefachkräfte steigen. Auf der anderen Seite wird der Versicherer versuchen, im Falle einer Schwerstgeschädigten die Vorversterblichkeit einzuwenden, um die Zahl der Jahre bei der Kapitalisierung zu reduzieren. Oftmals jedoch werden bei der momentanen hochwertigen medizinischen Versorgung auch Schwerstgeschädigte sehr alt, sodass eine Verkürzung der Lebensspanne nicht zu erwarten ist.
Um hier ein Ergebnis zu erzielen, das den Bedürfnissen des Verletzten gerecht wird, muss sehr hart verhandelt werden. Außerdem ist es sinnvoll über die Frage der Vorversterblichkeit ein Privatgutachten einzuholen, um die eigene Verhandlungsposition zu stärken.
6. Kapitalisierung des Mehrbedarfs:
Die Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alle unfreiwilligen Mehraufwendungen, die den Zweck haben, die Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen.
Mit dem Mehrbedarf werden die Nachteile ausgeglichen, die dem Verletzten aufgrund der körperlichen Beeinträchtigungen entstehen: das können Heil- und Hilfsmittel sein, Brillen, orthopädische Schuhe, Treppenlifte, Kosten für den behindertengerechten Umbau. (Auch die Pflege gehört eigentlich dazu, hat aber wegen der immensen Bedeutung einen eigenen Punkt unter 5. bekommen).
Anhand dieser Auflistung, kann man schon sehen, dass Kosten angerechnet werden, weil die Krankenkassen und die Pflegekassen einen Teil dieser Kosten übernehmen. Die Krankenkassen übernehmen nicht das beste Hilfsmittel. Deshalb muss man mit dem Versicherer aushandeln, bis zu welcher Preisklasse er ein höherwertiges Hilfsmittel finanziert, unter Anrechnung der Kosten für das preiswertere Hilfsmittel. Für den behindertengerechten Umbau eines Bades beispielsweise zahlt die gesetzliche Krankenkasse nur einen Zuschuss, mehr nicht. Der Zuschuss wird auf die Gesamtkosten des Umbaus verrechnet. Den Rest muss der Schädiger zahlen.
Ähnliche Abschläge gibt es bei dem behindertengerechten Umbau eines Autos.
Nehmen wir als Beispiel an, dass der Geschädigte mit 35 Jahren so schwer verletzt worden ist, dass seine Immobilie behindertengerecht umgebaut werden muss. In diesem Fall kann man die Kosten ohne Sachverständigengutachten nicht schätzen. Es muss ermittelt werden, welche Umbaumaßnahmen notwendig sind und welche als erstattungsfähiger Mehrbedarf einzustufen sind.
Dieser Betrag muss dann in voller Höhe, also unkapitalisiert übernommen werden. Es stellt sich aber weiter das Problem, dass in der Zukunft Schäden anfallen. Etwa Wartungskosten oder auch Renovierung- und Reparaturkosten.
Aufgrund statistischer Erhebungen hat man als übliche Berechnungsformel für Instandhaltungskosten die sogenannte Peterssche Formel ermittelt. Sie geht von dem Grundgedanken aus, dass im Laufe von 80 Jahren, der anderthalbfache Preis der Anschaffungskosten (ohne Grundstück)/ Herstellungskosten anfällt.
Fallen also für einen jüngeren Schwerstgeschädigten 200.000 Euro für den behindertengerechten Umbau der Immobilie an, dann müssen diese mit dem Faktor 1,5 multipliziert und dann durch 80 Jahre dividiert werden, um die jährlichen Kosten zu ermitteln. Diese betragen 3.750 Euro.
Die vermehrten Bedürfnisse werden bis zum Lebensende abgezinst, da der Mehrbedarf bis zu diesem Zeitpunkt immer wieder neu anfallen kann.
Ein genau Fünfunddreißigjähriger hat statistisch noch 43,72 Jahre zu leben. Sodann werden die verbleibenden 43,72 Jahre mit den Kosten in Höhe von 3.750 Euro multipliziert. Das ergibt 163.950 Euro.
Wird dieser Betrag mit einem Zinssatz von fünf Prozent kapitalisiert ergeben sich 66.000 Euro; bei vier Prozent ergeben sich 76.500 Euro, bei drei Prozent sind es 90.000 Euro und bei einer Abzinsung mit zwei Prozent ergeben sich 108.000 Euro.
7. Resümee:
Wie man sieht ist das Thema der Kapitalisierung nicht einfach: deshalb sollten nur spezialisierte Fachanwälte die Berechnungen durchführen und vor allem auch die Verhandlungen mit dem Versicherer führen.
Der Knackpunkt der Kapitalisierung ist der zu Grunde zu legende Zinsfuß. Man mag über einzelne Stunden der Pflege oder Haushaltsführung streiten, die dabei gewonnenen oder verlorenen Beträge treten jedoch vollkommen in den Hintergrund, wenn sich der Zins nur um einen halben Prozentpunkt verändert. Das muss man immer im Auge behalten.
Ist das aufgrund des Gesundheitszustandes ein Streitpunkt, kann es sinnvoll sein, ein Privatgutachten einzuholen, ob für die Berechnung der Kapitalisierung eine statistisch normale Lebenserwartung zugrunde gelegt werden kann, oder aber aufgrund der Gesundheitsbeeinträchtigungen eine verkürzte Lebenserwartung zugrunde gelegt werden muss (Vorversterblichkeit).
Die Kosten für ein Fachgutachten zu der Frage der Lebenserwartung lohnen sich in jedem Fall. Eine zu Unrecht angenommene Vorversterblichkeit verkürzt die Ansprüche enorm. Das dürfen Geschädigte keinesfalls hinnehmen, ohne den Versuch dagegen anzukämpfen.