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Behandlungsfehler durch verschiedene Ärzte begründen einen einheitlichen unteilbaren Schmerzensgeldanspruch

Behandlungsfehler durch verschiedene Ärzte begründen einen einheitlichen unteilbaren Schmerzensgeldanspruch

BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 605/15: Verschiedene Behandlungsfehler durch verschiedene Ärzte im Rahmen einer Operation und deren Nachbehandlung begründen einen einzigen alle Behandlungsfehler umfassenden Streitgegenstand und einen einheitlichen unteilbaren Schmerzensgeldanspruch

Das Urteil ist recht verzwickt und nicht gerade leicht zu lesen. Ich bespreche es hier, weil es sehr wichtig ist und habe mich bemüht, es so darzustellen, dass der Kernpunkt deutlich wird:

Bei einer gynäkologischen Operation ist die Patientin am Darm verletzt worden. Die beiden verletzten Stellen wurden vernäht, vermutlich behandlungsfehlerhaft. Weil die Patientin Anzeichen eines Darmverschlusses zeigte und sich ihr Zustand verschlechterte, wurde nachoperiert, dies wiederum fehlerhaft, jedenfalls nach Meinung der Patientin. Sie rügte, dass bei der Nachoperation zwar der Darmverschluss behandelt, aber behandlungsfehlerhaft der zerstörte Eileiter nicht entfernt worden war. Sie bekam in der ersten Instanz (Landgericht) gar kein Recht, die Klage wurde insgesamt abgewiesen. In der zweiten Instanz (Berufung beim Oberlandesgericht) bekam sie nur teilweise Recht, weswegen sie den Bundesgerichtshof anrufen musste. Das Berufungsgericht hatte bemängelt, dass die Patientin in der Berufungsbegründung nicht auf den Behandlungsfehlervorwurf des Zurücklassens des zerstörten Eileiters zurückgekommen sei, sondern sich lediglich auf die anderen Behandlungsfehler konzentriert habe. Das OLG hatte diesen Vortrag unberücksichtigt gelassen.

Der Bundesgerichtshof gab der Patientin im Revisionsverfahren Recht mit der Begründung, dass verschiedene Behandlungsfehler durch verschiedene Ärzte im Rahmen einer Operation und deren Nachbehandlung einen einzigen alle Behandlungsfehler umfassenden Streitgegenstand und einen einheitlichen unteilbaren Schmerzensgeldanspruch begründen. Unter dieser Vorbedingung nämlich muss der Patient gerade nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen, wenn schon der allein vorgebrachte (unterstellt erfolgreiche) Berufungsangriff gegen einen einzigen Punkt geeignet ist, das erstinstanzliche Urteil zu Fall zu bringen.

Eine sehr interessante Entscheidung im Hinblick auf die Anforderungen an den Vortrag der Partei Im Arzthaftungsrecht. Diese Anforderungen dürfen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nämlich nicht überspannt werden.

In diesem Zusammenhang bekräftigt der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung seine Auffassung, dass sich der Patient ihm günstige Angaben in einem medizinischen Sachverständigengutachten auch ohne ausdrückliche Erklärung zu Eigen macht. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich aus einem Sachverständigengutachten ergibt, dass der Behandlerseite ein anderer als der vom Kläger ursprünglich behauptete oder ein weiterer Behandlungsfehler unterlaufen ist.

Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeutet die Nichtberücksichtigung der die Rechtsposition des Patienten stützenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen, dass damit erhebliches Vorbringen übergangen und der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt wird.

„Das Besondere an Prozessen im Arzthaftungsrecht ist, dass der Patient gerade kein medizinisches Fachwissen vorbringen muss. Dies gerade deshalb, weil er es oft gar nicht kann. Er ist deshalb unbedingt darauf angewiesen, dass der Sachverständige den Sachverhalt mit seinem Fachwissen aufbereitet“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach, „alles was dabei zu seinen Gunsten zu Tage tritt, muss das Gericht zwangsläufig zu seinen Gunsten berücksichtigen!“

Das vollständige Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.03.2017 – VI ZR 605/15 können Sie hier als PDF (136 KB) herunterladen:

BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 605/15

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