In einem Urteil zum Aufklärungsumfang bei kosmetischen Eingriffen sprach das Oberlandesgericht (OLG) Hamm – Urt. V. 29.03.2006 – 3 U 263/05 -ein Schmerzensgeld von 10.000,00 € zu.
Der Wunsch einer Mutter, nach der Geburt und dem Stillen zweier Kinder ihre erschlafften Brüste (maßvoll) vergrößern und straffen zu lassen, erscheint nur zu verständlich. Der konkrete Eingriff erfolgte hier mittels einer so genannte „Augmentationsplastik“, wobei jeweils 300-g-Implantate unter die Brustmuskeln der Klägerin eingesetzt wurden („subpectoraler Augmentation“). Das Ergebnis hingegen ließ alle Wünsche offen: eitrige (gut sichtbare) Narben, vergrößerte sowie zu hoch liegende und asymmetrische Brustwarzenhöfe, Berührungsunempfindlichkeit, auftretender stechender Schmerz bei Belastung des Brustmuskels. Die Folgen: psychische Belastung durch Beeinträchtigung des Sexuallebens sowie des Selbstwertgefühls infolge der Unförmigkeit der Brüste.
Aus dem vorangegangenen Urteil des Landgerichts (LG) stand der Klägerin lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 € wegen eines Behandlungsfehlers (falsche Umsetzung der OP-Technik, ungeeignetes Nahtmaterial) zu. Eine Aufklärungspflichtverletzung sah das LG dagegen nicht, denn eine Aufklärung erfolgte mittels eines Aufklärungsbogens, welcher zudem in einem persönlichen Gespräch mit dem beklagten Arzt erörtert wurde.
Durch die Berufung wird von der Klägerin jedoch vor allem eine mangelhafte Aufklärung beklagt: das Aufklärungsgespräch sei inhaltlich ungenügend gewesen und es erfolgte kein ausreichender Hinweis auf Dauerschmerzen bei Implantationen unter den Brustmuskel. Der Arzt wandte ein, dass die Patientin in jedem Fall korrigierte Brüste habe haben wollen und deshalb auch in jedem Fall eingewilligt hätte, nämlich auch bei genügender Aufklärung, so dass der Aufklärungsfehler gar nicht ins Gewicht falle (hypothetische Einwilligung).
„In Kenntnis der Möglichkeit lebenslanger Schmerzen und Empfindungsstörungen wäre die Einwilligung nicht erteilt worden“, meinte die Klägerin: Hätte man sie auf diese gravierenden Folgen hingewiesen, hätte sie zumindest sehr ernsthaft nochmals darüber nachgedacht, ob sie den Eingriff wirklich vornehmen lassen wolle. Dies leuchtete den Richter ein. Sie verwiesen einerseits auf die erhöhte, „schonungslose“ Aufklärung bei (nicht medizinisch notwendigen) kosmetischen Operationen, bei denen über jegliche, auch fern liegenden Risiken aufgeklärt werden muss; andererseits auf den nachvollziehbaren Entscheidungskonflikt der Klägerin. Diese hätte den Korrektureingriff trotz bereits bestehenden Leidensdrucks nicht uninformiert vornehmen lassen, so dass eine Vermutung dafür spricht, „dass sie auch vor dem ersten Eingriff bei vollständiger Risikoaufklärung ihre Einwilligung ernsthaft kritisch überdacht hätte“
“Schönheitsoperationen sollten als nicht medizinisch notwendige Eingriffe immer außerordentlich sorgfältig überdacht werden, da sie nicht weniger Risiken bergen als „normale“ Operationen”, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach.
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