Auge
Eine Operation am Auge ist risikoreich. Bei Schönheitsoperationen am Auge – wie etwa LASIK (Augenlasern) – muss der Augenarzt den Patienten deshalb schonungslos aufklären, um eine Haftung zu vermeiden. Ein Auge kann allerdings auch ohne Operation stark geschädigt werden, etwa durch einen Verkehrsunfall. Der Verlust der Sehfähigkeit ist eine außerordentlich schwerwiegende Lebensbeeinträchtigung. Eine Erblindung hat Auswirkungen auf die Mobilität, auf die Freizeitgestaltung; sie schränkt auch die Auswahl des Berufs ein. Für die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit bis hin zur vollständigen Erblindung sind Schmerzensgeldbeträge zwischen 40.000,- und über einer halbenMillion Euro bekannt
Verlust eines Auges, völlige Erblindung
Opfer: dreijähriges Kind
Grund: Produktfehler Limonadenflasche
In diesem Fall ging es um Produkthaftung: ein dreijähriges Kind ist durch eine fehlerhafte Limonadenflasche (Produkthaftung) verletzt worden. Das rechte Auge musste operativ entfernt werden. Im Alter von 16 Jahren ist der Junge auch auf dem linken Auge erblindet. Das Gericht hat die dem Schmerzensgeld innewohnende Ausgleichsfunktion besonders hoch veranschlagt: der Junge hat eine der wesentlichsten Sinne des Menschen verloren. Er kann sich daran erinnern, wie er mit beiden Augen sehen konnte und musste dann erleben, wie das andere Auge ab dem siebten Lebensjahr immer schlechter wurde, bis er mit 16 Jahren vollständig erblindete. Seine Berufs-, Freizeit- und Heiratschancen sind stark vermindert.
Er kann sich daran erinnern, wie er mit beiden Augen sehen konnte und musste dann erleben, wie das andere Auge ab dem siebten Lebensjahr immer schlechter wurde, bis er mit 16 Jahren vollständig erblindete. Seine Berufs-, Freizeit- und Heiratschancen sind stark vermindert.
Kommentar/ Besonderheiten
Besonders berücksichtigt hat das Gericht, dass der in Anspruch genommene wird wirtschaftlich potente und haftpflichtversicherte Limonadenhersteller sich 13 Jahre lang vollkommen uneinsichtig gezeigt hat und erst nach einem langwierigen Rechtsstreit unter Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein Schmerzensgeldbetrag von gerade 6000 DM (3067,75 €) gezahlt hat, obgleich ihm wegen der ihm bekannten schwerwiegenden Verletzungsfolgen hätte bewusst sein müssen, dass er einen deutlich höheren Schmerzensgeldbetrag schuldete.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
540.000 €
Fundstelle:
LG Hanau, Urteil vom 21.03.1995 – 4 O 944/87
Vollständige Erblindung
Opfer: 23-jährige Frau
Grund: Erblindung nach Huftritt
Eine junge Frau von 23 Jahren ist infolge eines Huftritts eines Pferdes erblindet. Der Schmerzensgeldbetrag ist unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 1/3 ausgeurteilt worden. Das Gericht hat sehr eindringlich die Folgen der vollständigen Erblindung für die Klägerin dargestellt. Sie ist nicht nur berufsunfähig geworden. Die vollständige Erblindung, so das Gericht, gehört zu den denkbar schwerwiegendsten Unfallfolgen.
Höhe und Maß der damit verbundenen Lebensbeeinträchtigungen können nach Auffassung des Senats schwerlich überbewertet werden. Auch dürfte die Vorstellungskraft eines Sehenden kaum ausreichen, sich auch nur annähernd wirklichkeitsnah in die Lebenssituation eines unfallbedingt erblindeten Menschen hinein zu versetzen, der mit seiner Behinderung und den schweren Folgen bei nahezu allen Verrichtungen des täglichen Lebens und darüber hinaus im Rahmen der Beziehung zu seinen Mitmenschen und zur Umwelt ständig konfrontiert wird.
Vor dem Unfall sei die Klägerin eine lebensbejahende, sportliche junge Frau gewesen und auch in Bezug auf ihr berufliches Fortkommen engagiert. Die Erblindung ist eine schwere Belastung. Sie hat ihre frühere Selbstständigkeit verloren und ist fortan bei jedem Schritt außerhalb ihrer engsten Umgebung und Wohnung weitestgehend auf die Inanspruchnahme der Hilfe anderer Menschen angewiesen. Dies bei gleichzeitigem Verlust der optischen Wahrnehmung und Reize, die das Leben für die Sehenden in außerordentlichem Maße bereichern. Die Klägerin wird den herben Verlust und die lebenslängliche Beeinträchtigung daher immer wieder erneut schmerzlich empfinden und sie wird, wie nicht ernsthaft bezweifelt werden kann, selbst bei einer positiven Grundeinstellung zu ihrer veränderten Lebenssituation seelisch wie psychisch dauerhaft daran leiden.
Kommentar/ Besonderheiten
Die Klägerin wird den herben Verlust und die lebenslängliche Beeinträchtigung daher immer wieder erneut schmerzlich empfinden und sie wird, wie nicht ernsthaft bezweifelt werden kann, selbst bei einer positiven Grundeinstellung zu ihrer veränderten Lebenssituation seelisch wie psychisch dauerhaft daran leiden.
Betrag*1
482.400 €
Fundstelle:
OLG Köln, Urteil vom 26.05.1998 – 22 U 254/97
Verlust beider Augäpfel
Opfer: Patient
Grund: Diagnosefehlers und grober Befunderhebungsfehler
Verlust beider Augäpfel aufgrund eines Diagnosefehlers und eines groben Befunderhebungsfehlers. Das Problem des Falls ist, dass auch bei Behandlung gemäß den Facharztstandards (§ 630a Abs. 2 BGB) der Kläger ein Auge verloren hätte, dass andere wäre mit einer Funktionseinbuße verblieben. Die Reduzierung der Sehschärfe wäre allerdings nicht so erheblich gewesen, dass der Kläger gar nichts mehr hätte sehen können. Er wäre nicht blind gewesen. Das Gericht stellte für die Schmerzensgeldbemessung auf folgende absolut nachvollziehbare Überlegungen ab:
Er wird nur mit größter Mühe ein selbstständiges Leben führen können und in vielerlei Hinsicht immer auf fremde Hilfe angewiesen sein. Die Vorerkrankung, die für das Schicksal des Klägers mit ursächlich geworden ist, kann schmerzensgeldmindernd berücksichtigt werden.
Kommentar/ Besonderheiten
In diesem Fall ist dies jedoch nicht der maßgebende Punkt für das Schicksal des Klägers. Denn entscheidend für das weitere Schicksal ist, dass der Kläger durch den Behandlungsfehler vollständig erblindet ist und gerade dadurch in erheblich größerem Umfang in der Berufswahl und in seiner gesamten Lebensführung beeinträchtigt ist.
Bei verbliebener (wenn auch eingeschränkter) Sehfähigkeit auf dem linken Auge hätte er sich in seiner Umgebung orientieren können, er hätte – wenn auch unscharf – auf alle Entfernungen sehen können; er hätte auch ohne Blindenschrift und die inzwischen vorhandenen elektronischen Hilfen lesen können, er hätte eine normale Schulausbildung durchlaufen und hätte eine – trotz der Einschränkungen -erheblich freiere Berufswahl gehabt.
Auch wenn ihm das Autofahren nicht möglich gewesen wäre, hätte er doch mit öffentlichen Verkehrsmitteln sich in seiner Umgebung selbstständig bewegen können und die Verrichtungen des täglichen Lebens ohne die zusätzlichen Schwierigkeiten eines vollständig Erblindeten meistern können, was sich auch unmittelbar auf soziale Beziehungen, Freundeskreis und die Wahl einer Lebenspartnerin ausgewirkt hätte. Schmerzensgelderhöhend hat das Gericht mit zusätzlichen 9000 € zudem berücksichtigt, dass der Haftpflichtversicherer des Arztes viele Jahre lang keinerlei Bereitschaft zur Regulierung gezeigt, sondern die klaren Gutachten in Zweifel gezogen hat (Regulierungsverzögerung).
Weiterführende Informationen
Betrag*1
177.000 €
Fundstelle:
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.2007 – 7 U 251/06
Trümmerverletzungen Ober- und Unterkiefer, am Kopf und Oberkörper
Opfer: junge Frau
Grund: Verkehrsunfall
Das OLG Frankfurt sprach einer jungen Geschädigten 150.000 DM zu, weil infolge eines Verkehrsunfalls Trümmerverletzungen Ober- und Unterkiefer, am Kopf und Oberkörper vorlagen. Die Geschädigte ist auf Dauer im Gesicht entstellt, ihre Heiratschancen und ihre Lebenslust haben sich verringert. Sie hat zudem das rechte Auge verloren. Mit berücksichtigt ist bei der Schmerzensgeldbemessung auch die Verzögerung der Schadensregulierung!
Kommentar/ Besonderheiten
An diesem älteren Urteil merkt man, die Unzulänglichkeit der Schmerzensgeldtabellen. Es liegen vielerlei Verletzungen vor. Diese werden aber nicht zusammengerechnet, weil das Schmerzensgeld einheitlich in einem Gesamtbetrag zugesprochen wird. Das ist juristisch korrekt.
Es ergibt sich aber folgendes Problem: Das Schmerzensgeld ist schon für den Verlust des Auges als sehr gering anzusehen; die anderen Verletzungen gehen einfach unter, werden geschluckt.
Auch kann man sehen, dass früher viel weniger Schmerzensgeld zugesprochen worden ist.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
168.000 €
Fundstelle:
OLG Frankfurt, Urteil vom 27.6.1984 – 7 U 149 /83