Geburtsschaden
Bei der Geburt können extreme Schäden auftreten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gehirn betroffen ist. In leichten Fällen gibt es Konzentrationsstörungen und die schulischen Leistungen bleiben hinter denen gleichaltrige Kinder zurück und die Betroffenen sind in der Berufswahl beschränkt, was auch schon tragisch ist.
Leistungen bleiben hinter denen gleichaltriger Kinder zurück und die Betroffenen sind in der Berufswahl beschränkt, was auch schon tragisch ist. In schweren Fällen kann es zu der kompletten Zerstörung der Persönlichkeit kommen, zu Lähmungen, Spastiken und zu einem völligen Stillstand der Entwicklung, sodass der geschädigte Mensch zwar heranwächst, jedoch immer auf dem Niveau eines Kleinkinds oder Säuglings verbleibt. Solche Extremfälle erfordern eine pflegerische Betreuung Rund-um-die-Uhr. Damit dreht sich dann das Leben der Eltern ausschließlich nur noch um die Pflege ihres Kindes. Ein normales Familienleben ist Ihnen genommen. Die Eltern erhalten jedoch nur die Betreuungskosten ersetzt.
Im deutschen Recht gibt es keinen eigenen Schmerzensgeldanspruch für Angehörige von pflegebedürftigen Schwerstverletzten. Hier ist der Gesetzgeber dringend gefragt. In dieser Frage tröstet auch nicht, dass die Schmerzensgelder bei schweren Geburtsschäden außerordentlich hoch sind, nämlich: 700.000 Euro und inflationsbereinigt: 866.000 Euro (an die Geldentwertung angepasst).
In diesem Jahrzehnt wird die Millionengrenze für Geburtsschäden überschritten werden.
Lähmungen aller vier Extremitäten
Opfer: Kind
Grund: Behandlungsfehler anlässlich der Geburtsleitung
Nach einem Behandlungsfehler anlässlich der Geburtsleitung ist das Kind schwerstgeschädigt, leidet unter Lähmungen aller vier Extremitäten, einem in der Größe unterentwickelten Schädel, geistiger Behinderung, Epilepsie, Blindheit und Taubheit. Dieses Verfahren ist durch einen Prozessvergleich erledigt worden, bei dem die Gerichts- und Anwaltskosten für das Verfahren von dem beklagten Krankenhausträger übernommen worden sind; die Kosten des Vergleichs trägt jede Partei selber.
Kommentar/ Besonderheiten
Der Vergleichsschluss erfolgte gemäß § 278 Abs. 6 ZPO (Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen.
Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt des geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest). Mit dem Vergleich sind auch jegliche Zinsforderungen abgegolten. Das wird im Vergleichstext ausdrücklich erwähnt, was bei einem Abfindungsvergleich nicht unbedingt notwendig gewesen wäre.
Aufgrund der besonderen Höhe des Schmerzensgeldes waren auch die Zinsen ausnehmend hoch. Die Höhe des Vergleichsbetrages relativiert sich, wenn man die Sache genauer betrachtet. Anhand des Aktenzeichens kann man sehen, dass die Klage am Ende des Jahres 2007 beim Landgericht Fulda eingereicht worden ist, nehmen wir an am 1.12.2007.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist vom 30.5.2014. In diesem Zeitraum fielen Verzugszinsen in Höhe von 257.879,71 € an. Die Verzugszinsen in Höhe von fast 260.000 € sind also so hoch wie das Schmerzensgeld für eine Erblindung oder schwere Verbrennungen. Das „Zinsproblem“ muss man sich bei Vergleichsschlüssen immer wieder vor Augen führen.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
866.000 €
Fundstelle:
OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.05.2014 -14 U 99 /11
Schwerste Behinderungen
Opfer: Kind
Grund: grober Behandlungsfehler
Durch einen groben Behandlungsfehler bei der Geburt hat der Kläger schwerste Behinderungen davongetragen.
Kommentar/ Besonderheiten
Das Gericht hat anschaulich ausgeführt, dass dem Kläger jegliche Möglichkeit einer normalen körperlichen und geistigen Entwicklung genommen worden ist. Er ist blind, geistig und körperlich schwer behindert. Er liegt im Wachkoma. Er ist an ein Atemüberwachungsgerät angeschlossen. Er ist Rund-um-die-Uhr auf fremde Hilfe angewiesen.
Seine sämtlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten sind erloschen, womit die Zerstörung der Persönlichkeit des Klägers einhergeht. Gravierendere geistige und körperliche Lebensbeeinträchtigungen sind kaum vorstellbar. Der Kläger kann niemals Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter bewusst erleben. Sein Leben ist darauf beschränkt, die vitalen Funktionen aufrechterhalten, Krankheiten zu bekämpfen und Schmerzen zu vermeiden, was eine herausragende Entschädigung verlangt.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
683.000 €
Fundstelle:
LG Gera, Urteil vom 6.5.2009 – 2 O 15 / 05
bestätigt durch: OLG Jena, Beschluss vom 14.3.2009 – 4 U 459 /09
Tetraspastik (Lähmung aller vier Extremitäten)
Opfer: Kind
Grund: grober Behandlungsfehler
Nach einem schweren Geburtsschadensfall (grober Behandlungsfehler) erlitt der Kläger schwerste Schäden, unter anderem das ausgeprägte Bild einer schwersten Tetraspastik (Lähmung aller vier Extremitäten = Arme und Beine). Der Sachverständige führte vor Gericht aus, dass der Kläger „knapp vor dem Hirntod“ gestanden habe.
Der Kläger ist blind, muss über eine Sonde ernährt werden. Er ist völlig hilflos und leidet unter kaum behandelbaren cerebralen Krampfanfällen. Der Sachverständige hat von dem schlechtesten neurologischen Bild, dass man sich vorstellen könne, gesprochen.
Kommentar/ Besonderheiten
Das Oberlandesgericht hat deshalb die vom Landgericht zugesprochenen 300.000 DM (153.387,56 Euro) auf 500.000 € erhöht. Es hat zur Höhe des Schmerzensgeldes ausgeführt, dass dem geschädigten Kläger jede Möglichkeit einer körperlichen und geistigen Entwicklung genommen worden ist.
Er wird nie Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter bewusst erleben, seine Persönlichkeit entwickeln können. Daneben ist er weitgehend auf die Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen, die Bekämpfung von Krankheiten und die Vermeidung von Schmerzen beschränkt.
Der Kläger ist in der Wurzel seiner Persönlichkeit getroffen. Beeinträchtigungen derartigen Ausmaßes verlangen eine herausragende Entschädigung. Bei der Schmerzensgeldbemessung hat das Gericht auch berücksichtigt, dass die Schädigung des Klägers durch eine grob fehlerhafte Behandlung verursacht worden ist.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
698.500 €
Fundstelle:
OLG Hamm, Urteil vom 16.1.2002 – 3 U 156 /00
Schwerste hirnorganische Schäden
Opfer: Kind
Grund: Geburtsschaden
Nach einem Geburtsschaden ist der Kläger aufgrund schwerster hirnorganische Schäden nahezu vollständig in seiner Persönlichkeit zerstört. Er leidet unter Epilepsie, Schluckstörungen und chronischen Atembeschwerden; darüber hinaus sind alle Gliedmaßen gelähmt und der Schädel verkleinert, was (stets) zu einer geistigen Behinderung führt.
Kommentar/ Besonderheiten
Bemerkenswert deutlich sind die Ausführungen des Gerichts zum Schmerzensgeldkapital und der Schmerzensgeldrente: Das Gericht hat einen einmaligen Schmerzensgeldbetrag zugesprochen, da das Schmerzensgeldkapital den Regelfall der Schmerzensgeldentschädigung darstellt.
Gegen seinen Willen darf der Kläger nicht auf eine Aufsplittung der immateriellen Entschädigungen in eine Rente und einen Einmalbetrag verwiesen werden.
Es ist grundsätzlich der Einschätzung des Klägers, bzw. seiner gesetzlichen Vertreter überlassen, welche Verwendung des Schmerzensgeldes ihm am ehesten eine Erleichterung der beschwerlichen Lebensumstände bringt. Eine Rentenzahlung kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn Unsicherheit über die voraussichtliche Lebenserwartung besteht.
Selbst in diesem Fall ist das Schmerzensgeld nicht zu reduzieren, wenn der frühere Todeseintritt nicht sicher ist. Von vornherein nicht zu berücksichtigen ist das Interesse der Beklagten daran, bei einem frühzeitigen Tod des Klägers bei Zuerkennung einer Rente weniger zahlen zu müssen, als bei einem geschuldeten Kapitalbetrag.
Die Frage, ob die Entschädigung als Rente oder als Kapital zu leisten ist, ist eine Frage der Form, nicht der Höhe der Entschädigung.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
563.000 €
Fundstelle:
OLG Stuttgart, Urteil vom 12.1.2010 – 1 U 107/09
Schwerste Gehirnsschäden
Opfer: Kind
Grund: grob fehlerhafte Geburtsleitung
Der Kläger hat aufgrund der grob fehlerhaften Geburtsleitung schwerste Gehirnsschäden davongetragen. Seit der Geburt treten therapieresistente cerebrale Anfälle auf. Das Gehirn des Kindes hat sich praktisch nicht entwickelt.
Er zeigt ein schweres neurologisches Residualsyndrom, eine schwerste Tetraspastik (Lähmung aller vier Gliedmaßen) mit bereits eingetretenen multiplen Gelenkkontrakten. Er wird über eine PEG-Sonde (Perkutante endoskopische Gastrostomie) künstlich ernährt. Nachgewiesenermaßen ist er rechts taub und zumindest schwerhörig links. Es besteht funktionale Blindheit. Ein aktives Fortbewegungsmuster ist nicht möglich. Eine Kontaktaufnahme über das Gehör besteht nicht.
Kommentar/ Besonderheiten
Lediglich auf Hautkontakte wird positiv reagiert. Damit bietet der Kläger das Bild eines völlig hilflosen, praktisch blinden und tauben Kindes mit einer schwersten Schädigung, bzw. weitestgehenden Zerstörung der Persönlichkeit, der Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit. Ein schlechterer Zustand ist kaum vorstellbar.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
628.000 €
Fundstelle:
OLG Hamm, Urteil vom 21.5.2003 3 U 122 /02
Apallisches Syndrom (Wachkoma) mit Lähmung aller vier Gliedmaßen
Opfer: Kind
Grund: grob fehlerhafte Geburtsleitung
Nach der grob fehlerhaften Geburtsleitung leidet die Klägerin an einem Apallischen Syndrom (Wachkoma) mit Lähmung aller vier Gliedmaßen und häufigen Krampfanfällen (Epilepsie).
Kommentar/ Besonderheiten
Das Gericht hat für die Ermittlung des immateriellen Schadensersatzes folgende Überlegungen angestellt: Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes muss das Ausmaß der hier schwersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Vordergrund stehen.
Der Klägerin ist vom Anfang ihres Lebens an jede Möglichkeit zu einer Entwicklung in normalen Bahnen genommen. Sie ist zu einem Leben in Hilfsbedürftigkeit und Passivität gezwungen. Ferner hat die Kammer bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt, dass die Geburtshilfe in gleich mehrfacher Hinsicht grob fehlerhaft war.
Nach dem Dafürhalten der Kammer ist jedenfalls bei groben Pflichtverletzungen des Schädigers auch das Maß derselben in die Abwägung zur Höhe des Schmerzensgeldes einzustellen. Das Maß der Pflichtwidrigkeit muss angesichts mehrerer grober Behandlungsfehler als außergewöhnlich hoch gewertet werden. Es liegt ein Verhalten vor, das die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt. Die Schädigung der Klägerin ist in herausragendem Maß aus dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos herausgerückt worden.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
628.000 €
Fundstelle:
LG Münster, Urteil vom 7.8.2003 -11 O 1004 /03
Schwerste Schäden
Opfer: Kind
Grund: zu spät eingeleitete Geburt
Aufgrund der zu spät eingeleiteten Geburt kam es zu lang anhaltendem Sauerstoffmangel, sodass die Klägerin mit schwersten Schäden geboren worden ist. Bei der Bemessung des geschuldeten Schmerzensgeldes hat das Gericht insbesondere berücksichtigt:
Die Klägerin leidet in Folge der fehlerhaften Behandlung an einer schweren Mikrocephalie („Kleinkopf“) und generellen Dystrophie (Ernährungsstörung), sowie einer schweren cerebralen Bewegungsstörung. An den Extremitäten findet sich eine schwere generalisierte Tetraspastik (Lähmung aller vier Gliedmaßen) mit einem Rigor (Muskelstarre) in Ruhe.
Allein die Arme können aktiv gestreckt werden, nicht jedoch die Beine. Sie ist auf die Benutzung eines Spezialrollstuhls angewiesen. Ihre Entwicklung ist geistig und körperlich erheblich verzögert; sie kann sich nur lautlich artikulieren, nicht aber aktiv sprechen oder in irgendeiner Form verbal kommunizieren. Sie reagiert auf Stimmen und kann mit dem rechten Auge besser als dem linken für sehr kurze Zeit eine Fixation (gezieltes Betrachten eines Objektes) leisten und auf Lichtschemata und Objekte reagieren.
Ihr Zustand lässt sich mit den Diagnosen einer schweren Mikrocephalie, einer therapierefraktären Epilepsie, einer spastischen Tetraparese, einer C-Skoliose der Wirbelsäule mit Kontrakturen (Versteifung) beider Kniegelenke, einer allgemeinen Dystrophie und einer schwersten mentalen Retardierung (verzögerte oder fehlende geistige Entwicklung) zusammenfassen. Nach der grob fehlerhaften Behandlung bei der Entbindung des Klägers im Krankenhaus ist dieser schwerstgeschädigt.
Kommentar/ Besonderheiten
Das Gericht hat bei der Schmerzensgeldbemessung berücksichtigt, dass der Kläger in Folge der grob fehlerhaften Behandlung im Krankenhaus aufs Schwerste behindert ist. Er leidet an einer schweren spastischen Tetraparese (Lähmung aller vier Extremitäten) und einer therapieresistenten Epilepsie mit bis zu 15 epileptischen Anfällen täglich. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung, an der der Kläger teilgenommen hat, einen Eindruck vom Verlauf eines solchen Krampfanfalles gewonnen.
Außerdem leidet der Kläger an einer schwersten geistigen Behinderung und einer mittlerweile hinzugekommenen hirnorganischen Blindheit. Er ist bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens dauerhaft und ausschließlich auf fremde Hilfe angewiesen. Die motorische Entwicklung entspricht dem Stand eines drei bis vier Monate alten Kindes, die geistige nicht einmal diesem.
Grundsätzliche Schritte im Sinne einer Weiter- und Höherentwicklung sind nicht zu erwarten. Sein Zustand wird sich nicht verbessern. Der Kläger ist in der Lage, Schmerzen zu empfinden. Seine Angehörigen nehmen wahr, wenn er sich freut und wenn er unter Schmerzen leidet. Lachen oder weinen kann er hingegen nicht. Eine Kommunikation mit ihm ist nicht möglich. Eine wesentlich schwerere Schädigung ist nicht vorstellbar.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
586.000 €
Fundstelle:
LG Köln, Urteil vom 12.12.2007 – 25 O 592 /01
Hirnschädigung (Maximalschaden)
Opfer: Kind
Grund: Behandlungsfehler
Die ausgeprägte durch Sauerstoffmangel verursachte Hirnschädigung nach Behandlungsfehlern bei der Geburt führte beim Kläger zu einem Maximalschaden. Im Ergebnis stellt sich die Situation des Klägers demzufolge als eine körperliche, psychische und intellektuelle Beeinträchtigung dar, wie sie größer und schlimmer kaum vorstellbar ist.
Kommentar/ Besonderheiten
Vor diesem Hintergrund erschien dem Gericht ein Schmerzensgeldbetrag von 500.000 € in jeder Hinsicht angemessen und auch erforderlich. Der Kläger ist schwerstbehindert, alle vier Gliedmaßen sind gelähmt, der Hirnmantel ist zerstört, sodass allenfalls isolierte Restfunktionen vorhanden sein können. Der Kläger kann nicht laufen, kann nicht schlucken, muss künstlich ernährt werden, er erleidet zehnmal täglich Krampfanfälle, trotz entsprechender Medikamentation. Selbstständige Fortbewegung ist nicht möglich, der Kläger kann sich nicht einmal drehen. Die geistige Entwicklung wird sich zeitlebens auf den Stand eines Säuglings beschränken; Fortschritte in der intellektuellen oder motorischen Entwicklung sind nicht zu erwarten.
xxx
Weiterführende Informationen
Betrag*1
586.000 €
Fundstelle:
OLG Celle, Urteil vom 22.10.2007 – 1 U 24 /06
Wiederkehrenden Krampfanfälle, Lähmung, Epilepsie
Opfer: Kind
Grund: Geburtsschaden
Ein Geburtsschaden führte dazu, dass das Kind schwerstgeschädigt unter wiederkehrenden Krampfanfällen leidet, die Beweglichkeit ist schwer eingeschränkt. Die Klägerin leidet auch unter Lähmungen, Epilepsie und Sprachstörungen. Sie ist inkontinent und muss tagsüber und nachts gewendet werden.
Sie kann nur unzulänglich essen, muss ansonsten gefüttert werden. Immerhin ist sie in der Lage, eigenständig Alltagsabläufe selbst zu planen, zu gestalten und durchzuführen. Sie bedarf aber der ständigen Anregung und emotionalen Zuwendung, da sie ansonsten intellektuell und emotional verarmen würde.
Kommentar/ Besonderheiten
Das Gericht hat aufgrund der lebenslangen und komplexen Behinderung der Klägerin und insbesondere wegen der schwerwiegenden Lebensbeeinträchtigungen, die auch darauf fußen, dass die Klägerin von in der Zukunft Osteoporose bedroht ist, sodass sie im späteren Alter wenige Möglichkeiten der Fortbewegung haben wird.
Der Normalzustand im Hinblick auf Kommunikationsfähigkeit, Alltagsbewältigung, Lernmöglichkeiten wird der Klägerin lebenslang versagt bleiben. Sie wird kein annähernd normales Leben führen können und immer auf die Hilfe Dritter angewiesen sein. Hinzu kommt, dass die Klägerin weitgehend Einsicht- und daher leidensfähig ist.
Dem Kommunikationsbedürfnis der Klägerin stehe die Unfähigkeit gegenüber, dieses Bedürfnis im Alltag umzusetzen. Sie wird mehr und mehr wahrnehmen, dass sie schwerstbehindert ist. Dies wird ihr insbesondere durch ihre Schwester vorgeführt. An ihr wird die Klägerin erleben, dass diese zukünftig eine andere Lebensplanung und andere Lebensentwürfe realisieren kann als sie selbst.
Aus diesem Grund ist das Gericht die zuerkannte Schmerzensgeldsumme und die Schmerzensgeldrente für gerechtfertigt, auch vor dem Rahmen der Rechtsprechung anderer Gerichte. In dem Berufungsverfahren haben die Beklagten vorgetragen, dass für die schwersten Schäden der Klägerin ein Schmerzensgeld von insgesamt 127.822 € als angemessene Entschädigung anzusehen sei. Das Oberlandesgericht sah sich dadurch „peinlich berührt“ und mutmaßte, dass die Beklagten einer Zeit nachhängen, in der sich die bundesdeutsche Rechtsprechung darauf verstanden hat, auch in Fällen groben ärztlichen Verschuldens Schmerzensgeld sprechen, dass sich auf Almosenniveau bewegt habe.
Das Gericht hat das Urteil des Landgerichts bestätigt und die Berufungen beider Parteien per Beschluss zurückgewiesen und damit auch die Revision nicht zugelassen. Die Beklagten haben vor dem Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese ist per Beschluss zurückgewiesen worden. Üblicherweise wird vom Bundesgerichtshof die Ablehnung der Zulassung zum Revisionsverfahren nie. Ausnahmsweise hat hier aber der VI. Senat des BGH in einigen wenigen Worten seine Meinung kundgetan: „Unter den Umständen des Streitfalls begegnet die Zubilligung einer Schmerzensgeldrente keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Die dem Tatrichter obliegende Bemessung der Schmerzensgeldhöhe ist in ausreichender Weise begründet.“
Weiterführende Informationen
Betrag*1
563.000 €
Fundstelle:
LG Münster, Urteil vom 17.4.2009 – 16 O 532 /07
Schwere Schädigung des Gehirns
Opfer: Kind
Grund: grober Behandlungsfehler
Nach einem groben Behandlungsfehler bei der Geburt hat der Kläger eine so schwere Schädigung des Gehirns erlitten, dass er wie eine leblose Puppe herumgetragen werden muss. Er ist außerstande, jemals ohne fremde Hilfe zu existieren. Er kann sich nur über primitive Laute artikulieren.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
480.000 €
Fundstelle:
OLG München, Az: 1 U 3999/06
Schwerstbehinderung
Opfer: Kind
Grund: grober Behandlungsfehler
Die aufgrund eines schweren Geburtsschadensfall (grober Behandlungsfehler) schwerstbehinderte Klägerin ist nach Ansicht des Gerichts kein Extremfall mit allerschwerster Schädigung (Epilepsie, Krampfanfälle, Sondenernährung, Taubheit, Blindheit, Beatmungspflichtigkeit, Lähmung sämtlicher Extremitäten, Aufhebung der Wahrnehmungsfähigkeit, Verlust der Empfindungsfähigkeit).
Vielmehr besucht das Mädchen einen heilpädagogischen Kindergarten, die Eltern gehen mit ihr schwimmen und sie nehmen am therapeutischen Reiten Teil. Sie spreche und höre aber gut. Insgesamt habe man den Eindruck, dass sie mehr verstehe, als sie äußern könne. Allerdings müsse die Klägerin gefüttert werden, da sie das Essen nicht selbst greifen und zum Mund führen kann.
Kommentar/ Besonderheiten
Insoweit müsste der Schmerzensgeldbetrag sich deutlich nach unten hin von den „500.000-€-Fällen“ abheben. Berücksichtigt werden müsse jedoch wiederum, dass sich die Klägerin in zunehmendem Maße schmerzlich bewusst sein wird, dass ihre Behinderungen ihre Entfaltungsmöglichkeiten im Vergleich zu normal entwickelten Kindern ausnehmend einschränken.
So habe das Gericht die Schilderung berücksichtigt, wie das Mädchen auf einem Spielplatz seiner Traurigkeit und Schmerzen darüber Ausdruck gegeben hat, selbst von schlichten kindlichen Vergnügen wie dem Sitzen auf einer Kinderschaukel ausgeschlossen zu sein.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
367.000 €
Fundstelle:
OLG Bamberg, Urteil vom 19.9.2016 – 4 U 38 /15
Beeinträchtigung der Motorik, Feinmotorik und Bewegungskoordination
Opfer: Kind
Grund: grober Behandlungsfehler
Nach einem Geburtsschaden ist die Klägerin in ihrer Motorik, Feinmotorik und Bewegungskoordination beeinträchtigt. Freies Gehen ist nur über wenige Meter möglich. Die Klägerin kann Bewegungen, die gesunden Menschen automatisch gelingen nur mit Anstrengung und Konzentration ausführen. Sie leidet unter einer Sprachstörungen (undeutliches Sprechen).
Kommentar/ Besonderheiten
Insbesondere hat der Senat des Oberlandesgerichts berücksichtigt, dass sich die Klägerin schon jetzt – aber ganz besonders in Zukunft – ihres Zustandes bewusst sein wird. Der Sachverständige hat bestätigt, dass ihr ihre Einschränkungen gegenüber gesunden Kindern in jeder Hinsicht und in vollem Umfang erkennbar sind, und dass diese Tatsache sich im täglichen Umgang mit den Altersgenossen deprimierend und frustrierend auswirkt.
Es ist auch zu gegenwärtigen, dass sich insbesondere während der Pubertät aufgrund der Handicaps (zusätzliche) psychische Probleme einstellen; außerdem besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie im späteren Leben an einer Depression erkrankt.
Ein höheres als das ausgesprochene Schmerzensgeld ist nach Ansicht des Gerichts nicht gerechtfertigt, dies käme nur dann in Betracht, wenn die Klägerin geistig geschädigt worden sei, was erfreulicherweise gerade nicht der Fall sei.
Weiterführende Informationen
Betrag*1
316.000 €
Fundstelle:
OLG Hamm, Urteil vom 17.3.2015 – 26 U 108 /13