Das Oberlandesgericht München hat einer Geschädigten aus einem Verkehrsunfall, nämlich aus einem vom Unfallgegner verursachten Frontalzusammenstoß, wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 112.000 € zugesprochen. Die Geschädigte leidet erheblich unter den schwerwiegenden Folgen des Unfalls. Sie erlitt eine Gehbehinderung und muss einen Gehstock benutzen, auch leidet sie unter Behinderung im Arm-, Ellenbogen und Schulterbereich; daraus resultieren erhebliche seelische Belastungen. Auch psychische Lebensbeeinträchtigungen sind bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen.
Das Urteil ist deswegen interessant, weil das Berufungsgericht zum einen den Schmerzensgeldbetrag bestätigt hat, den das Landgericht ausgeurteilt hat. Insgesamt hat es jedoch einen Betrag von 2000 € darüber hinaus zugesprochen, weil der Kfz-Versicherer unverständlicherweise über zwei Jahre etwa die Hälfte des insgesamt angemessen Schmerzensgeldes ohne Begründung nicht geleistet hat. Aus diesem Grunde sah das Oberlandesgericht unter dem Gesichtspunkt des zögerlichen und kleinlichen Regulierungsverhaltens eine Erhöhung des Schmerzensgeldes für geboten. Auch bemängelt das Gericht, dass der Versicherer sich äußerst nachlässig auf die Berufungsverhandlung vorbereitet, Terminshinweise missachtet und zum Vorbringen der Geschädigten im Berufungsverfahren in der mündlichen Verhandlung keine Stellung nehmen konnte.
„Der Haftpflichtversicherer trägt das Risiko seines Regulierungsverhaltens, wenn sich die verfahrensverzögernden Einwände gegen die Schmerzensgeldhöhe als Hinhaltetaktik, kleinlich, demütigend oder bagatellisierend erweisen. Ein uneinsichtiges vorgerichtliches oder prozessuales Verhalten rechtfertigt eine Erhöhung des immateriellen Schadensersatzes“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Rouven Walter.
Das vollständige Urteil des Oberlandesgerichts München vom 24.7.2015 – 10 U 3313/13 können Sie hier als PDF (52 KB) herunterladen: