Ansprüche von Geschädigten können verjähren. Ein verjährter Anspruch kann nicht mehr mit Erfolg vor Gericht geltend gemacht werden. Das passiert leider gar nicht so selten.
Ein Gerichtsurteil oder ein mit dem Versicherer auszuhandelndes „titelersetzendes“ Anerkenntnis entfaltet für 30 Jahre Rechtskraft und verhindert genau wie ein Gerichtsurteil den Eintritt der Verjährung. Man stelle sich aber vor: ein mit 30 Jahren in einem Verkehrsunfall Schwerstgeschädigter erwirkt mit 35 Jahren endlich ein Urteil über Schmerzensgeld und Schadensersatz und – das ist einer der wichtigsten Punkte – über die Feststellung, dass jegliche zukünftige Schäden vom Schädiger übernommen werden müssen. Soweit so gut, eigentlich sogar sehr gut. Aber: ein heute 35-jähriger Mann hat nach der offiziellen Sterbetafel statistisch noch 43,72 Jahre vor sich. Das sind 13,72 Jahre länger, als die Wirkung des Feststellungsurteils reicht. Damit gerät der Geschädigte mit 65 Jahren in eine gefährliche Lage. Zwar hemmt jede einzelne Zahlung des Versicherers die Verjährung für weitere drei Jahre. Wenn also Pflegekosten als Rente erstattet werden, ist die Gefahr der Verjährung nicht real vorhanden. Zahlt der Versicherer aber nicht regelmäßig und würde beispielsweise fünf Jahre lang kein Geld fließen, dann wäre der Geschädigte unseres Beispiels mit 70 Jahren von allen Ansprüchen ausgeschlossen. Das kann und darf nicht sein. Deshalb ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu begrüßen, die es dem Geschädigten erlaubt, innerhalb sicherer Zeit, seine Ansprüche nochmals abzusichern. Der Bundesgerichtshof bezeichnet die von ihm abgesegnete Vorgehensweise sogar als verjährungsrechtlich notwendig, zu Recht.
„Wenn der Versicherer gegen Ende der 30 Jahre nicht einlenkt, indem er etwa auf die Einrede der Verjährung für weitere 30 Jahre verzichtet oder ein titelersetzendes Anerkenntnis abgibt, hat der Geschädigte keine andere Wahl, als in unverjährter Zeit eine Feststellungsklage zu erheben“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach.
Das vollständige Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.2.2018 – VII ZR 253 /16 können Sie hier als PDF-Datei (132 KB) herunterladen: