Wie dieser Fall einer fehlgeschlagenen Hüftgelenksimplantation mit schwersten Folgeschäden und Berufsunfähigkeit zeigt, kann die Erfahrenheit des Operateurs für die Einwilligung in eine Operation maßgeblich sein. Ein medizinischer Eingriff ist rechtswidrig, wenn der Patient nicht in ihn eingewilligt hat. Eine wirksame Einwilligung ist nur dann möglich, wenn der Patient ordnungsgemäß aufgeklärt wird.
Zu einer wirksamen Aufklärung gehört
- die Information über die Krankheit selbst,
- den geplanten Eingriff,
- seine Chancen und Risiken und
- über gleichwertige Behandlungsalternativen.
Zutreffend führte das Gericht aus: „Stellt der Patient dem Arzt konkrete Fragen zu Umständen, die für seine Einwilligung von Bedeutung sind, müssen auch diese wahrheitsgemäß beantwortet werden.“
Der Fall – Einsatz einer Hüftprothese
Im vorliegenden Fall sollte bei dem privat versicherten (!) Kläger eine Hüftprothese eingesetzt werden. Auf Nachfrage des Klägers sagte der Operateur, dass dies sein „Tagesgeschäft“ als Orthopäde sei. Das entsprach nicht der Wahrheit. Die Wahrheit ist jedoch die Voraussetzung für eine selbstbestimmte Entscheidung des Patienten.
In diesem Fall war der Kläger aus zwei Gründen ganz besonders auf die Wahrheit angewiesen. Erstens: Im Prozess hat der medizinische Sachverständige ausgeführt, dass gerade in dem besonderen Fall des Klägers nur ein sehr erfahrener Operateur erfolgreich hätte operieren können. Zweitens: Er war erst Mitte 40 und selbstständiger Unternehmer im Baugewerbe. Ihm war wichtig, wieder beweglich zu werden, um Baustellen besuchen zu können. Zudem war er Alleinverdiener. Es war also von existenzieller Bedeutung für ihn, dass die Operation erfolgreich durchgeführt wird. Es bestand also absolut nachvollziehbar ein besonderes Informationsbedürfnis hinsichtlich der Erfahrung und der Routine der operierenden Ärzte.
Das Oberlandesgericht führte aus: „Gerichtsbekanntermaßen gibt es in Deutschland genügend andere Kliniken, in denen der Kläger in höherem Maße spezialisierte Ärzte vorgefunden hätte.“ Ohne wirksame Einwilligung haftet der Krankenhausträger dem Kläger aufgrund der rechtswidrigen Operation auf ein angemessenes Schmerzensgeld und für den erfolgreichen Unternehmer auf den Ersatz des erheblichen Erwerbsschadens (und alle anderen Schäden).
Die Haftung ergibt sich im vorliegenden Fall auch daraus, dass die Ärzte, die nicht häufig Operationen an der Hüfte bewerkstelligten, trotz der intraoperativ festgestellten Luxationstendenz (Luxation = Verrenkung: der Knochen springt aus dem Gelenk) die Prothese endgültig implantierten. Darin sahen Sachverständiger und das Gericht einen groben Behandlungsfehler, aus dem sich parallel der identische Schadensersatzanspruch ergibt.
„Der Bundesgerichtshof (BGH) verdeutlicht mit seiner höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass mit dem Einwilligungserfordernis die Entscheidungsfreiheit des Patienten über seine körperliche Integrität geschützt wird, über die sich der Arzt nicht selbstherrlich hinwegsetzen darf“, sagt Patientenanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Dr. Lovis Wambach, „die Einwilligung in einen ärztlichen Heileingriff bedeutet nämlich den Verzicht auf den absoluten Schutz des Körpers vor Verletzungen, die mit dem Eingriff verbunden sind, darüber hinaus das in Kauf nehmen von Gefahren, die sich aus Nebenwirkungen der Behandlung und möglichen Komplikationen ergeben.“